Aufklärung der Bamf-Affäre: Die Grünen im AfD-Dilemma

Die FDP stellt die Grünen als Antiaufklärer hin, weil sie keinen Untersuchungsausschuss zur Bamf-Afäre wollen. Knackpunkt ist die AfD.

Ein Asylbewerber sitzt auf dem Fensterbrett einer Asylunterkunft

Über Asylanträge der Geflüchteten entscheidet das Bamf Foto: dpa

BERLIN taz | Für die konservative Welt ist die Sache klar: Blieben die Grünen die Cheerleader der Kanzlerin, drohte die Totalblamage, polemisierte die Zeitung am Samstag. „Schon um ihrer Selbstachtung als Abgeordnete ­willen müssen die Grünen bei der Aufklärung mithelfen.“ Es geht um einen Untersuchungsausschuss zur Affäre im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Und die Ökopartei steht vor einer schwierigen Entscheidung.

Unterstützen die Grünen einen solchen Ausschuss – und nehmen damit in Kauf, dass auch die rechtspopulistische AfD ihn will? Oder verweigern sie sich und werden von interes­sierter Seite als Antiaufklärer hingestellt? Es dürfe nicht sein, lästerte FDP-Chef Christian Lindner bei Spiegel Online, „dass die Grünen zu den Chefverteidigern von Angela Merkel und den Herren Altmaier, Seehofer und de Maizière werden“.

Bisher fordern nur FDP und AfD einen Untersuchungsausschuss. Sie wollen auch Merkels Flüchtlingspolitik um das Jahr 2015 herum unter die Lupe nehmen. Mit ihren Stimmen verfehlen sie aber knapp das nötige Quorum von einem Viertel der Stimmen im Bundestag. Die Linke-Fraktion ist bisher gegen einen Ausschuss.

Bei den Grünen weist man Lindners Attacke scharf zurück. „Bisher hantiert die FDP nur mit Überschriften und Ankündigungen, wenn es um einen Untersuchungsausschuss geht“, sagt ­Luise Amtsberg, Flüchtlingsexpertin der Fraktion. Es gebe ein klar geregeltes Verfahren für die Einsetzung. Das Prozedere dauere häufig Monate, bis es zu einer Einigung unter den Fraktionen komme. In der Realität sind es bisher die Grünen, die die Aufklärung der Bamf-Affäre in der Opposition vorantreiben. Sie haben die Sondersitzung des Innenausschusses am Dienstag beantragt, zu der Innenminister Horst Seehofer (CSU) kommen wird. Und Amtsberg war es, die einen detaillierten Fragenkatalog zu der Affäre erarbeitet hat.

Grüne kritisieren öffentliches Bashing

Bei den Grünen zeigt man sich verärgert über Lindners Vorgehen. Das öffentliche Ba­shing, dann der schnelle Antrag im Bundestag. Bereits am 7. Juni will die FDP einen Untersuchungsausschuss im Parlament diskutieren lassen. Das ist unüblich. Die Ausschüsse, die als schärfstes Schwert der Opposition gelten, werden in der Regel nach langen fraktionsübergreifenden Verhandlungen eingesetzt. So war es etwa bei den Ausschüssen, die die rechtsex­treme Terrorgruppe NSU untersuchen. Sie wurden in der vergangenen und vorvergangenen Legislaturperiode von allen Fraktionen unterstützt.

Hätte Lindner ernsthaftes Interesse an Aufklärung, heißt es bei den Grünen, dann würde er intern über einen präzise zugeschnittenen Auftrag verhandeln. Von der FDP komme aber keine Initiative. „Einfach Merkels Flüchtlingspolitik anprangern wollen – so zimmert man sich keinen Untersuchungsausschuss“, sagt eine erfahrene Abgeordnete. Die Grünen wollen lieber abwarten, sich aber den Untersuchungsausschuss als letztes Mittel offenhalten. Sie wünschten sich von der Regierung, „dass sie gemeinsam mit uns daran arbeitet, das Vertrauen in rechtsstaatlich einwandfreie Verfahren wiederherzustellen“, sagt Amtsberg.

Doch ein Dilemma bleibt. Falls sich FDP und Grüne doch noch auf einen Ausschuss einigen – und die Regierungsfraktionen und die Linke dagegen stimmen – könnte das Ja der AfD-Fraktion entscheiden. Amtsberg schließt einen gemeinsamen Untersuchungsauftrag mit der AfD zwar aus, „aber selbstverständlich ist es ihr gutes Recht als gewählte Partei, jedem Einsetzungsantrag im Bundestag zuzustimmen, sollte es einen geben“. In dem Fall hätten die Rechtspopulisten erstmals eine wichtige Entscheidung im Parlament mit durchgesetzt.

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