Regierung lässt Rüstungsexporte zu: Türkei erhält weiter deutsche Waffen
Vor zwei Wochen berichtete die „Bild“ über einen Lieferstopp. Die Regierung dementiert jetzt. Auch auf eine zweite Maßnahme verzichtet sie.
BERLIN taz | Entgegen anders lautender Berichte lässt die Bundesregierung noch immer Rüstungsgeschäfte mit der Türkei zu. Das geht aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine schriftliche Frage der Grünen-Abgeordneten Agnieszka Brugger hervor.
„Es trifft nicht zu, dass die Bundesregierung alle laufenden Ausfuhrgenehmigungen für Kriegswaffen und Rüstungsgüter in die Türkei widerrufen hat“, schreibt Staatssekretär Matthias Machnig (SPD) in der Antwort, die der taz vorliegt. Die Regierung berate noch, wie sich die Entwicklungen in der Türkei auf genehmigte Exporte auswirken werden. Welche Geschäfte derzeit im Einzelnen bewilligt sind, teilte das Wirtschaftsministerium auf Nachfrage nicht mit.
Vor zwei Wochen hatte die Bild über einen angeblichen Ausfuhr-Stopp berichtet. „Geplante und bereits bestehende Rüstungsprojekte mit der Türkei sollen vorläufig auf Eis gelegt werden“, schrieb die Zeitung damals. Rechtlich gesehen wäre so ein Schritt möglich, auch wenn die Regierung wohl Schadensersatz zahlen müsste, wenn sie erteilte Genehmigungen zurücknehmen würde.
Dass die Bundesregierung auf den Export-Stopp verzichtet, kann die Grünen-Politikerin Brugger nicht verstehen. „Angesichts der dramatischen Entwicklungen in der Türkei und dem Eskalationskurs von Präsident Erdogan müssten doch alle Rüstungsexporte in die Türkei schon längst gestoppt sein“, sagt sie. „Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung eine klare Haltung zeigt statt sich wegzuducken und diese verantwortungslosen Deals einfach weiterlaufen zu lassen.“
Einen Tag vor dem Bericht der Bild im Juli hatte Außenminister Sigmar Gabriel in einer Pressekonferenz einen generellen Kurswechsel in der Türkei-Politik angekündigt. Dabei stellte er auch in Frage, ob die Bundesregierung unter den aktuellen Umständen noch Exportkreditversicherungen für Geschäfte mit der Türkei anbieten könne.
Richtlinien nicht geändert
Eine Woche später tagte der für diese Hermes-Bürgschaften zuständige Interministerielle Ausschuss der Bundesregierung. Wider erwarten änderte das Gremium die Richtlinien aber nicht. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums teilte der taz am vergangenen Freitag mit: „Die Prüfung dauert an.“
Möglicherweise verzichtet die Regierung auf eine schnelle Entscheidung, da schon die bloße Drohung des Außenministers gewirkt hatte: Kurz nach Gabriels Pressekonferenz zogen die türkischen Behörden eine Liste mit deutschen Unternehmen zurück, denen sie vorgeworfen hatten, Geschäfte mit Terrorunterstützern zu machen. Türkische Regierungsvertreter betonten, deutsche Firmen hätten nichts zu befürchten.
Leser*innenkommentare
joaquim
Solange es um Kohle geht wird auf Menschenrechte oder solche Lappalien gerne verzichtet.
tommason
Verbrecher!
Viele Grüße
conny loggo
Mit einer der wichtigsten Männer in der Regierung ist Volker Kauder. Dass dieser Mann gegen Geschäfte mit Waffen ist, kaum auszudenken.
Wichtige Posten der Regierungsparteien sind ganz nahe bei der Waffenindustrie, also quasi Waffenlobbyisten. Deutschland liefert hier (Türkei) Waffen in ein Land dessen Armee stärker gerüstet ist wie die Eigene. Braucht die Türkei also Waffen? So ganz nebenbei liefert die Türkei deutsche Waffen, in Lizenz gefertigt, in Länder denen auch die Waffenlobbyisten aus Deutschland, auch unter weitester Auslegung des Waffenexportgesetzes, nichts liefern können.
Hierzu ein Link zu Volker Kauder der hier aber auch für seine Brüder im Geiste steht.
http://www.aufschrei-waffenhandel.de/Volker-Kauder.363.0.html
Frank Stippel
Ist die Türkei etwa kein NATO-Partner mehr? Wieso sollten keine Waffen oder Munition geliefert werden?
Neinjetztnicht
@Frank Stippel Vielleicht weil die Türkei inzwischen eine astreine Diktatur ist und systematisch die kurdische Munderheit mit unseren Waffen dezimiert? Scheiß mal was auf die NATO!
RPH
@Frank Stippel Weil Waffen Scheisse sind und überhaupt nicht geliefert werden sollten. Nur ein Traum Triiiiooo