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"Wenn die Leitzinsen steigen und Kredite teuer werden, wird kaum noch investiert."
Die erhebliche Inflation von Vermögenswerten begann aber schon etwas früher. QE und eine über zu lange Jahre verfolgte Politik der Niedrig- und Negativzinzen waren deren Haupttreiber. Diese im Kern marktverzerrende Politik hat eben nicht dazu geführt, das investiert wurde. Die abrupte Änderung der Zinspolitik hat Unternehmen inkl Banken u.a. aufgrund der Entwertung langlaufender Anleihen ebenfalls in eine Schieflage beförderte. Niedrige Zinsen können genauso schädlich sein wie hohe Zinsen. Beide Phänomene können Inflation antreiben.
Man benötigt keine Zinserhöhung um die Investitionen einbrechen zu lassen, ein Christian Lindner und der Fetisch der Schuldenbremse reicht allemal.
Das die Zinspolitik die Ursache der Wahlerfolgen der "Populisten" ist....man kann es sich auch einfach machen
Schon wieder: AfD und BSW sind also Populisten. Gut. Was aber sind die anderen Parteien?
Wir sollten uns davon lösen jeden zu verunglimpfen, der AfD oder BSW wählt. Wenn wir diese Parteien als populistisch abstempeln bedeutet dies, dass wir ihre Wähler als dumm bezeichnen. Und genau das mach diese Parteien stark.
Abgesehen davon: Die Bereitschaft von Merz und der CDU am Migrationsgipfel teilzunehmen und dann das Meeting publikumswirksam zu verlassen, wohl wissend, dass die Forderungen geltendes EU - Recht brechen: Was ist das? Aus meiner Sicht purer Populismus!
EZB, immer zu spät und dann mit dem Vorschlaghammer.
So funktioniert Geldpolitik nicht. Aber ich war schon immer ein Gegner von Christine Lagarde, sie lässt sich zu sehr von den Regierungen und der Lobby leiten.
Und was Sie vergessen: Die Zinspolitik der EZB hängt auf Gedeih und Verderb von der Zins-Politik und Wirtschaftseinschätzung der FED ab. Nachdem dort lange fast manisch auf ein Ansteigen der Arbeitslosenzahlen gewartet wurde, fürchtet man nun jedes 10tel-% Inflationszuckung oberhalb der gewünschten 2% liegt. So wird nun in Trippelschnitten entlastet - um jede Norddrift der Inflation zu verhindern, und weil man den Eindruck fürchtet, die Rezession sei schon da. Und die EZB ? Sie muss FED wie der legendäre Pudel folgen, denn es gilt ein Zins-Gap zu vermeiden - auch wenn niedrigere Zinsen in Europe gerade jetzt wahrlich von Nöten wären.
Der Glaube, dass Inflationsbekämpfung und Wirtschaftswachstum gegenläufige Dinge sind, stammt aus den Siebzigern und wurde dort auch bereits widerlegt.
Erstaunlich, dass sich das trotzdem so hält.
Es war die Inflation, die vor allem die AfD begünstigte.
Die Inflation erhöhte die Unzufriedenheit der AfD Wähler, die die Einbußen durch die Inflation nicht über 10%-ige Tariferhöhungen ausgleichen konnten.
Die EZB hat eine gute Gelegenheit verstreichen lassen, angemessen auf die neuesten Inflationsdaten zu reagieren. Nach dem Sinken der Inflation im Euroraum auf 2,2% hätten die Leitzinsen um mindestens 0,5% gesenkt werden müssen.
Leider gibt es bei der EZB offensichtlich keine Spezialisten für Mess- und Regeltechnik.
Was den Populisten hilft, ist die deutsche Position als fast Schlusslicht des europäischen Wachstums. Dafür ist die EZB kaum allein verantwortlich.
"Im Oktober 2022 wurden noch sensationelle 10,6 Prozent gemessen, jetzt sind es seit Monaten nur noch 2,4 bis 2,6 Prozent."
Es war sowieso keine echte Inflation, sondern, wie hier schon angemerkt, ein Preissschock. Das hat andere Ursachen, die auch andere Maßnahmen erfordern.
Den Bürgern hilft das aber gar nichts. Denn die Inflationsrate ist ja nur der Zuwachs. D.h. die Preise sind um 10,6% gestiegen und dann von diesem hohen Niveau eben nochmal um 2,6%.
Und gesunkene Energiepreise? Meine Brötchen wurden mit dem Argument der gestiegenen Energiepreise um 50-100% teurer. Nachdem die Energiepreise gesunken sind, kosten sie aber auf mirakulöse Weise immer noch soviel.
Und vor allem müsste die Regierung endlich investieren statt Deutschland tot zu sparen. Zinsen hin oder her. Und mit investieren meine ich nicht, hunderte Milliarden den Aktionären von Rüstungsunternehmen, Intel oder anderen furchtbar armen Konzernen schenken.
Da ist nur ein Punkt. In den USA sind die Leitzinsen 2 Prozentpunkte höher. Und dort schwächelt nichts. Ganz so einfach ist es leider nicht. Ein paar weitere Rahmenbedingungen für die Wirtschaft gibt es schon noch, sonst könnte man die Sache je mit einer Excel-Datei erledigen.
Und dass dies den Populisten BSW und AFD in die Hände spielt? Den Schluss halte ich für gewagt. Die AFD im Osten hat aus dortiger Wählersicht zwei Vorteile: Migration und dass sich der Westen/die Presse ärgert, wenn diese Partei viele Stimmen bekommt.
@Strolch "In den USA sind die Leitzinsen 2 Prozentpunkte höher" Und dort schwächelt nichts." richtig
"Ein paar weitere Rahmenbedingungen für die Wirtschaft gibt es schon noch" richtig! Dort wird massiv investiert, vom Staat (was Investitionen der Wirtschaft nach sich zieht).
Hier wird gespart, von allen Sektoren. Wenn alle sparen kann eine Wirtschaft nicht wachsen, ganz egal wo der Zinssatz liegt.
@nutzer Hat nicht die ganze Börse vor gut einem Monat Schluckauf bekommen, weil unter anderem die Arbeitsmarktzahlen in den USA so schwach waren? Die großen (Ki) Techkonzerne ziehen den Markt noch, aber "wenn Nvidia hustet, bekommt die Börse Grippe".
@Höhlen!= wo sehen Sie da den Zusammenhang?
Börse ist nicht die Wirtschaft.
@nutzer Unsere Staatsquote ist wesentlich höher als die der USA.
@Strolch und daher ist kein Geld da, für so große Programme.
@Strolch dann können wir wohl leider nichts ändern.
Denn wenn alle sparen, kann niemand verdienen..
@nutzer Gute Wirtschaftspolitik ist die beste Sozialpolitik. Wir können Bürokratie abbauen, Zuschüsse abbauen und im Gegenzug Steuern senken. Es gibt viele Hebel. Aber die EZB - der Ausgang der Diskussion - ist dabei nicht entscheidend.
@Strolch "dort schwaechelt" so einiges....
Die Suche nach Schuldigen ist kurios.
Nein, die EZB hat keinen Regler "AfD-Wahlergebnis" in ihrer Schaltzentrale.
Diese Darstellung unterstellt den Wählerinnen und Wählern auch eine ziemlich primitive Entscheidungsfindung - zumindest, wenn sie AfD oder BSW wählen.
Dieser selektive Mangel an Respekt passt nicht gut zur Demokratie - vor allem aber ist er meiner Meinung nach falsch: Ich glaube kaum, dass sich die Tiefe der Reflexion der Wahlentscheidung im Mittel deutlich zwischen den Parteien, die letztendlich herauskommen, unterscheidet.
Die beschriebenen Wirkung der Zinsen sind grundsätzlich richtig, und doch nicht die ganze Wahrheit: Die europäische Wirtschaft schwächelt auch aus anderen Gründen, etwa dem sich verlangsamenden Welthandel, insbesondere dem weiter unklaren Verhältnis zu China.
Wichtig ist auch: Deutschlands Wirtschaft krankt am meisten und zieht den Rest Europas mit sich nach unten. Ein wesentlicher Grund dafür ist die unsichere Zukunft der Energieversorgung - Deutschland ist seit über 20 Jahren wieder zum Netto-Stromimporteur geworden, und der Mangel an Grundlast bzw. Speichern stellt viele Industriestandorte in Frage.
Das lässt sich nicht mit Zinsen beheben.
Es wäre hilfreich, zwischen Inflation und Preisschock zu unterscheiden. Die Zinserhöhungen waren von vornherein schlechte Antworten auf die Preisschocks. Die EZB hat ein widersprüchliches Mandat, das sie gar nicht erfüllen kann. Sie ist wie ein Automechaniker, der mit einem öligen Schraubenschlüssel im OP-Saal steht und darauf wartet, dass man ihn braucht. In die Werkstatt zu gehen und dort etwas sinnvolles zu tun ist ihm seltsamerweise verboten, und so wünscht man sich, dass er am besten einfach gar nichts macht.
Die Argumentation ist deswegen nicht allzu stimmig, da es lange Phasen noch höherer Zinsen gab. Und da eben keine AfD bei 20% existierte. Auch wurden ja alle Rechten Parteien oder das Trump Phänomen in Zeiten sehr niedrige Zinsen 'geboren'. Ein Widerspruch.
Die Carolabrücke ist ein Symbol für ein marodes Deutschland. Statt sich um zentrale Probleme zu kümmern, diskutiert die Politik nur über Migration.
Zinspolitik der EZB: Der Schaden ist enorm
Die EZB hat ihre Leitzinsen gesenkt, mit 3,5 Prozent bleiben sie aber hoch. Was einst gegen die Inflation notwendig war, spielt nun den Populisten in die Hände.
Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), spricht auf der Pressekonferenz nach der Ratssitzung der EZB Foto: Boris Roessler/dpa
Der Schritt war überfällig und daher auch allgemein erwartet worden: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am Donnerstag ihre Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Der relevante Einlagenzins liegt jetzt bei 3,5 Prozent. Weitere Zinssenkungen werden wahrscheinlich in den kommenden Monaten folgen.
Die EZB musste ihre Zinsen senken, weil die europäische Wirtschaft schwächelt. Im zweiten Quartal ist die Eurozone im Vergleich zum ersten nur um 0,2 Prozent gewachsen, und die deutsche Wirtschaft schrumpfte sogar – um minus 0,1 Prozent.
Auch gab es keinen Grund für die Zentralbank, weiter gegen die Geldentwertung anzukämpfen. Denn die Inflation ist stark zurückgegangen. Im Oktober 2022 wurden noch sensationelle 10,6 Prozent gemessen, jetzt sind es seit Monaten nur noch 2,4 bis 2,6 Prozent.
Es ist übrigens kein Zufall, dass die europäische Wirtschaft schwächelt. Genau das wollte die EZB erreichen, weil sich eine Inflation nur indirekt bekämpfen lässt – indem man die Wirtschaft abwürgt. Wenn die Leitzinsen steigen und Kredite teuer werden, wird kaum noch investiert. Stellen fallen weg, und die Nachfrage geht zurück. In den Fabriken entstehen Überkapazitäten, sodass irgendwann auch die Preise nachgeben.
Die schwächelnde Wirtschaft drückt auf die Stimmung – und begünstigt die Populisten.
Die Inflation ist besiegt, aber die politischen Folgen sind immens: Die schwächelnde Wirtschaft drückt auf die Stimmung – und begünstigt die Populisten.
Dieses Phänomen ist nicht nur in Deutschland zu beobachten, wo AfD und BSW immer neue Rekorde feiern. Auch in den USA liegen die Leitzinsen immer noch bei bis zu 5,5 Prozent und damit sehr hoch. Viele WechselwählerInnen glauben daher, dass Präsident Biden keine Ahnung von Wirtschaft hätte. Also sind sie geneigt, ihre Stimme Ex-Präsident Trump zu geben – obwohl der am liebsten faktenbefreit darüber schwadroniert, dass Einwanderer die Katzen ihrer Nachbarn essen würden.
Energiepreise sinken
Die weltweite Inflation wurde vor allem durch den Ukrainekrieg ausgelöst, der Öl- und Gaspreise in die Höhe schnellen ließ. 2022 kostete ein Barrel Öl (159 Liter) rund 100 Dollar, jetzt sind es nur noch knapp 83 Dollar. Da die Energiepreise fallen, geht auch die Geldentwertung überall zurück. Nicht nur die EZB senkt langsam ihre Leitzinsen, auch die US-Zentralbank Fed hat angekündigt, dass sie Kredite demnächst verbilligen wird.
Hohe Inflationsraten lassen sich nicht ignorieren. Aber der Schaden der drakonischen Zinspolitik ist enorm: In den USA könnte Trump siegen – und auch in Deutschland sind die Populisten auf dem Vormarsch.
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Kommentar von
Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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