Verfassungsänderungen in Ecuador: Durchmarsch der Regierungspartei
Unbeschränkte Wiederwahlmöglichkeit, mehr Kontrolle über Medien: Präsident Correa sichert sich mit 15 Verfassungsänderungen die Macht ab.
BUENOS AIRES taz | In Ecuador ist ab 2021 für alle öffentlichen Ämter die uneingeschränkte Wiederwahl möglich.
Am Donnerstag stimmte die Nationalversammlung in Quito mit den 100 Stimmen der Delegierten von Präsident Rafael Correas Partei Alianza País für eine entsprechende Änderung der Verfassung.
Lediglich acht Abgeordnete votierten dagegen. Die Abgeordneten der indigenen Pachakutik hinterließen eine von einem Dolch durchstoßene Verfassung und verließen den Saal.
Für den seit 2007 regierenden Correa bedeutet dies, dass er nach einem Aussetzen bei den 2017 anstehenden Präsidentschaftswahlen 2021 erneut antreten und danach immer wieder kandidieren kann. Warum der letzte Caudillo des 21. Jahrhunderts überhaupt pausiert, bleibt ein Rätsel.
„Irgendwas braut sich da zusammen“
Er wolle sich eine Weile zurückziehen und einige Jahre in Europa verbringen, erklärte Correa kürzlich. Darüber runzelt die politische Opposition nur die Stirn. „Irgendwas braut sich da zusammen“, fürchtet die ehemalige sozialistische Abgeordnete Martha Roldós.
Die uneingeschränkte Wiederwahl war nur eine von 15 Verfassungsänderungen, die am Donnerstag abgesegnet wurden. So sollen etwa die Streitkräfte zukünftig auch „bei der integralen Sicherheit des Staates“ im Inneren helfen. Zudem definiert die Verfassung das Kommunikationswesen als „öffentliche Aufgabe“, die von staatlichen, privaten und kommunalen Medien übernommen werde. Befürchtet wird, dass es Correa in erster Linie um die Kontrolle des Internets gehe und der Artikel die Zensur legitimiere.
Eingeschränkt wird zudem das Recht der Bürger auf eine Volksbefragung. Hieß es bisher, eine solche sei „über jegliche Angelegenheit“ möglich, so gilt dies zukünftig nicht mehr.
Vor der Nationalversammlung protestierten indigene und gewerkschaftsnahe Gruppen. Als sie zum Gebäude marschieren wollten, blockierten gut 2.800 Polizisten sämtliche Zugangsstraßen. Bei dem gewaltsamen Aufeinandertreffen gab es zahlreiche Verletzte auf beiden Seiten, mindestens 15 Personen wurde vorübergehend festgenommen.
Leser*innenkommentare
Rudeboy
Traurig, traurig, ein ehemals vielleicht linker Präsident, dessen Basis ihn für eine linke Agenda legitimiert hat, praktiziert eine typisch rechte Politik. Gegen die sozialen Bewegungen und kritische Stimmen wie CONAIE kämpft Correa ja schon länger. Dass Correa sich überhaupt wie ein Caudillo aufführen kann, zeigt die Schwäche der Linken in Ecuador. Es müsste eigentlich ganz massive Proteste gegen die autoritäre Politik und die Machtallüren des Präsidenten geben. So bleibt scheinbar nur die "Wahl" zwischen einem "linken" Präsidenten, der eine klassisch rechte Politik betreibt und einer rechten Opposition, die wenigstens zu ihrer menschenfeindlichen und machtfixierten Praxis steht.
Langer Tünn
Ach, das ist doch der lustige Typ, der der Weltgemeinschaft mehrere Milliarden $ abpressen wollte, damit er die Ölvorkommen im Naturschutzgebiet unangetastet lässt.
Die taz hat das Scheitern dieses Nepps damals der FDP in die Schuhe geschoben.
Rudeboy
Eine differenzierte Argumentation scheint nicht zu Ihren Stärken zu gehören... Tatsache ist jedenfalls, dass Correa niemandem etwas "abpressen" wollte, denn abpressen kann man nur aus einer Position der Stärke und Sie wollen doch nicht ernsthaft behaupten, dass Correa sich gegenüber der sogenannten "Weltgemeinschaft" in einer Machtposition befindet, oder?
Tatsache ist also, dass Correa ein Angebot gemacht hat, ein Angebot, dessen Umsetzung aus ökologischer Sicht sehr sinnvoll gewesen wäre, denn statt Umweltverpestung und -vergiftung durch die Erdölindustrie hätte es dann nämlich für dieses Naturschutzgebiet die Garantie gegeben, nicht im Erdölgift zu ersaufen.
Das darf natürlich auch etwas kosten. Oder warum soll ein armes Land wie Ecuador ganz selbstlos auf eine Einnahmequelle verzichten, ohne im Gegenzug eine Kompensation zu erhalten? Und natürlich tragen Niebel und die FDP eine Hauptschuld am Scheitern der Yasuni-Initiative. Die FDP fährt halt mehr darauf ab, wenn der Regenwald durch das Erdöl kontaminiert wird, Hauptsache ist, der Rubel rollt.
Langer Tünn
Und Sie glauben auch noch an den Weihnachtsmann?
Wie es um Correas Integrität bestellt ist, hat er die letzten Jahre bewiesen und arbeitet auch dieser Artikel heraus.
Die Initiative wäre ja ganz nett gewesen, wenn sie nicht von vorneherein absolut unglaubwürdig gewesen wäre.
Daher bin ich dafür dankbar, dass Niebel dem nicht aufgesessen ist. Als ob es Correa jemals um den Naturschutz gegangen wäre.
Bernhard
Was haben die Bullen den für lustige Sprüche auf ihren Schutzschilder.
Das scheint den Demonstranten auch egal zu sein, das der eine 3 Kinder zuhause hat.
Man stelle sich das mal hierzulande vor. Grins.