UN-Sicherheitsrat zu Bergkarabach: Schlagabtausch über die Eskalation

Aserbaidschan und Armenien beschuldigen sich gegenseitig im Bergkarabach-Konflikt. Für Außenministerin Baerbock ist hingegen klar, wer verantwortlich ist.

In einem großen, fensterlosen Raum befindet sich ein Runder Tisch, um den in drei Reihen rund hundert Stühle aufgereiht sind

Der UN-Sicherheitsrat bei einer Dringlichkeitssitzung zu Bergkarabach Foto: Bebeto Matthews/ap

NEW YORK taz | In Bergkarabach sind in den vergangenen Tagen dutzende, vielleicht sogar hunderte Menschen durch das Artilleriefeuer Aserbaidschans getötet und viele weitere verletzt worden. Der von Aserbaidschan als „Anti-Terror-Operation“ bezeichnete Einsatz von Streitkräften gegen die armenische Bevölkerung in der umstrittenen Kaukasus-Region stand am Donnerstag auch auf der Agenda des UN-Sicherheitsrates.

Am Rande der UN-Vollversammlung, die in dieser Woche in New York abgehalten wird, plädierte die überwältigende Mehrheit der Mitglieder im Sicherheits-Gremium für einen sofortigen Waffenstillstand und das Ende der aserbaidschanischen Militäroperationen. Die internationale Gemeinschaft forderte zudem eine schnelle und ungehinderte Lieferung von Hilfsgütern in die Region.

„Viel zu viele Menschen sind in den vergangenen zwei Tagen ums Leben gekommen“, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock während der Sicherheitsratssitzung. Sie machte klar, dass Aserbaidschan mit seiner Entscheidung, militärisch in der Region vorzugehen, die Schuld an den tragischen Folgen trage.

„Wir verurteilen nachdrücklich Bakus militärischen Angriff und rufen dazu auf, alle militärischen Aktionen komplett zu beenden“, sagte Baerbock. Die deutsche Position spiegelte die Meinung der meisten Sicherheitsratsmitglieder zu den Vorfällen in Bergkarabach wider.

Aserbaidschan beschuldigt Armenien

Armenien bezeichnete das Vorgehen der aserbaidschanischen Streitkräfte als einen „grundlosen und gut geplanten militärischen Angriff“ gegen die ethnisch armenische Bevölkerungsgruppe in der Region.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sitzt am Donnerstag beim UN-Sicherheitsrat neben Armeniens Außenminister Ararat Mirzoyan

Außenministerin Baerbock sitzt neben Armeniens Außenminister Mirzoyan Foto: Bebeto Metthews/ap

Armeniens Außenminister Ararat Mirzoyan sprach von mindestens 200 Toten und 400 Verletzten, darunter Zivilisten sowie Frauen und Kinder. Die armenische Regierung wirft dem Nachbarland vor, unter dem falschen Vorwand der Terrorbekämpfung eine „ethnische Säuberung“ in Bergkarabach zu betreiben.

In der Region, die völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehört, leben mehrheitlich Menschen armenischer Abstammung. Armenien und Aserbaidschan haben während der vergangenen 30 Jahre mehrere blutige Kriege über die Vorherrschaft in der Region Bergkarabach geführt.

Die letzte große Eskalation ereignete sich im Jahr 2020. Mehrere tausend Menschen kamen bei den Gefechten ums Leben. Die Entsendung von russischen Friedenstruppen brachte damals ein Ende der Kämpfe, doch die Spannungen zwischen den beiden Ländern sind seit Monaten wieder am Wachsen.

Dies liegt laut Armenien vor allem an einer illegalen Blockade, welche die humanitäre Situation in der Region nachhaltig verschlechtert hat. Aserbaidschan hatte die beiden wichtigsten Zugangsstraßen in die abgelegene und umkämpfte Region abgeriegelt und damit Lieferungen von Lebensmitteln, Medizin und anderen wichtigen Gütern stark behindert.

Der Vertreter Aserbaidschans wehrte sich gegen die Vorwürfe und beschuldigte Armenien der Desinformation. „Armeniens Versuch, den UN-Sicherheitsrat für seine Kampagne, die internationale Gemeinschaft zu täuschen, auszunutzen, ist bedauerlich“, sagte Aserbaidschans Außenminister Jeyhun Bayramov.

Er erklärte, dass die Militäroperation seines Landes kein Verstoß gegen internationales Recht darstelle, da es lediglich um die Verteidigung der territorialen Integrität und Souveränität der eigenen Landesgrenze gehe. Bayramov präsentierte zudem Fotos, die angeblich beweisen, dass die von Armenien unterstützte Separatistenbewegung in der Region über militärische Waffensysteme und Ausrüstung wie Panzer verfüge.

Aserbaidschan sei jedoch an einer friedlichen Lösung des Konflikts interessiert und werde versuchen, mit Armenien und den armenischen Separatisten in der Region eine Lösung zu finden. Ob die Vereinten Nationen aktiv in den Konflikt einschreiten werden, bleibt abzuwarten.

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