Suizidprävention in Deutschland: Fachverbände fordern Prävention

Drei Fachverbände fordern eine bundesweite Informationsstelle zur Vermeidung von Suiziden. Auch zu den Gesetzesentwürfen zu Sterbehilfe äußerten sie sich.

Portrait von Reinhard Lindner

Den „besten Schutz vor Suiziden“ biete der Ausbau bestehender Präventionsangebote, sagt Lindner Foto: Metodi Popow/imago

BERLIN epd Drei Fachverbände aus der Suizidprävention fordern eine bundesweite Informations- und Koordinerungsstelle zur Vermeidung von Selbsttötungen. Reinhard Lindner vom Nationalen Suizidpräventionsprogramm sagte am Dienstag in einer Online-Pressekonferenz, allein der flächendeckende Ausbau bereits bestehender Präventionsangebote biete den „besten Schutz vor Suiziden“. Die in den beiden Gesetzentwürfen im Bundestag vorgesehene verpflichtende Beratung vor der Gabe tödlicher Medikamente biete keinen Ansatz zur Hilfe für suizidale Menschen, erklärte der Fachmann.

Gemeinsam sprachen sich das Nationale Suizidpräventionsprogramm, die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention und die Deutsche Akademie für Suizidprävention gegen die beabsichtigte Einführung von Beratungsstellen aus, die Sterbewillige nach den Plänen beider Abgeordnetengruppen zwingend konsultieren sollen.

Lindner betonte, jedem Menschen, „der an Suizid denkt, sollten in erster Linie spezielle Hilfen und psychologische oder psychotherapeutische Unterstützung ermöglicht werden“. Dazu müssten bestehende regionale Beratungsstellen vernetzt und auch dauerhaft finanziert werden. Das gelte sowohl für Telefon- wie auch für und Onlineangebote. Zudem regte der Kasseler Professor an, eine bundesweite Informations- und Koordinationsstelle mit einer einheitlichen Telefonnummer, Website und Social Media-Angeboten einzurichten.

Experte kritisiert Gesetzesentwurf zur Sterbehilfe

Dass künftig nach dem fusionierten Gesetzentwurf der Gruppen um Katrin Helling-Plahr (FDP) und Renate Künast (Grüne) nach einer Beratung Sterbewillige Zugang zu tödlichen Medikamenten erhalten sollen, stößt beim Experten Lindner auf klare Ablehnung. Dass das drei Wochen nach der Beratung erfolgen könne, widerspreche jeder wissenschaftlichen Expertise. Dieser Zeitraum sei viel zu kurz, um mit Hilfe fachlicher Begleitung „eine suizidale Krise selbstbestimmt bewältigen zu können“.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht im Februar 2020 das wenige Jahre zuvor beschlossene Verbot organisierter Suizidassistenz gekippt hatte, wird im Bundestag um eine Neuregelung gerungen. Dabei geht es um eine besondere Form der Sterbehilfe, bei der dem oder der Sterbewilligen ein tödliches Medikament überlassen wird, das er oder sie selbst einnimmt. Anders als die verbotene Tötung auf Verlangen bewegt sich die Hilfe bei der Selbsttötung in einer rechtlichen Grauzone.

Im Bundestag gibt es zwei Regelungsvorschläge, nachdem sich die beiden eher liberal ausgerichteten Abgeordnetengruppen auf einen Entwurf verständigt haben. Die Gruppe um Katrin Helling-Plahr (FDP) und Renate Künast (Grüne) betont darin das Recht auf selbstbestimmtes Sterben und will die Vergabe von tödlich wirkenden Medikamenten nach einer Beratung ermöglichen.

Eine Gruppe um Lars Castellucci (SPD) und Ansgar Heveling (CDU) betont dagegen eher den Lebensschutz und macht neben einer Beratung auch eine psychiatrische Begutachtung zur Voraussetzung für eine straffreie Abgabe solcher Mittel. Voraussichtlich in der ersten Juliwoche soll über die Gesetzespläne abgestimmt werden.

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