Straftaten gestiegen: Immer mehr Homophobie

Die Zahl der Straftaten gegen Schwule und Lesben steigt deutlich an. Opposition und Verbände fordern mehr Engagement der Bundesregierung.

Gewalt gegen Schwule und Lesben? Diese Demonstranten sagen nein Foto: dpa

In einer so fortgeschrittenen Gesellschaft wie der unseren sollte man erwarten, dass ein Thema wie Homophobie und Ausgrenzung von Minderheiten kein großes Problem mehr darstellt. Bedauerlicherweise ist diese Annahme ein Irrtum. Denn die Anzahl homophob motivierter Straftaten in Deutschland ist so hoch wie lange nicht.

Das geht aus einer aktuellen Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage des Grünen-Bundestagsabgeordneten Volker Beck hervor. Demnach wurden bis Ende September 205 politisch motivierte Straftaten im Kontext „sexuelle Orientierung“ gemeldet. 99 Tatverdächtige konnten dazu ermittelt werden. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es bis Ende September 171 Straftaten und 86 Tatverdächtige. Damit stieg die Kriminalitätsrate zum Vorjahr um 15 Prozent – ein Umstand, der dringenden Handlungsbedarf erfordert. Umso mehr, wenn man bedenkt, dass vor zehn Jahren nur 60 homophob motivierte Straftaten gezählt wurden.

Dabei hatten CDU/CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, den Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus um die Bekämpfung von Homo- und Transphobie zu erweitern. Daher fordert der Grüne Beck: „Die Bundesregierung muss sagen, jeder ist gleich viel wert, egal wen er oder sie liebt. Und die Polizei muss Lesben, Schwule und Trans schützen.“ Die Untätigkeit der Regierung beim Aktionsplan gegen Homo- und Transphobie sei „unerträglich“.

Auch der Linkspartei-Abgeordnete Harald Petzold nennt den Gewaltanstieg „kein gutes Zeichen“. Die Politik „kuscht vor homophoben Sprüchen von Rechtspopulisten, als selbstbewusst Flagge für Vielfalt und Gleichstellung von Lebensweisen zu zeigen“. Petzold fordert neben dem Aktionsplan auch ein genaues polizeiliches Lagebild über homophobe Gewalt.

Die Dunkelziffer ist hoch

Beck motiviert zudem Gewaltopfer, die Taten zur Anzeige zu bringen. Denn Fakt ist, dass die statistischen Zahlen sehr vage sind: Viele der Gewalttaten werden nicht als homophob motiviert eingeordnet, sondern als alkoholbeeinflusstes Fehlverhalten oder Streitigkeiten. In Städten wie Hamburg oder Köln werden diese Zahlen erst gar nicht erhoben, so dass die Dunkelziffer ziemlich hoch sein dürfte.

So wurden allein in Berlin von der Polizei in diesem Jahr bisher 113 Straftaten erfasst, die homophob motiviert waren. Das wäre bereits mehr als die Hälfte aller bundesweiten Straftaten. Die Zahlen sind also mit Vorsicht zu genießen.

Klar ist: Es muss etwas geschehen! So fordert Helmut Metzner vom Lesben- und Schwulenverband: „Eine freie Gesellschaft muss allen Menschen garantieren, jederzeit an jedem Ort ohne Angst und Anfeindung verschieden sein zu können. Jede homophobe Straftat ist eine Straftat zu viel.“ Auch müssten Polizisten und Justizbedienstete für dieses Thema mehr sensibilisiert werden.

Es ist wahrhaft wünschenswert, dass alle Menschen ohne Angst, aufgrund ihres Andersseins angegriffen zu werden, unterwegs sein können. Deshalb ist es nötig, weiterhin für Gleichberechtigung zu kämpfen.

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