Stand der Solarenergie: Mehr als nur eine Nischenlösung

Wenn Politik heimische Wertschöpfung forcieren will, sollte sie das Thema grundsätzlicher angehen.

Photovoltaikanlage an einem Balkon

Balkonkraftwerk in Freiburg Foto: Fleig/Eibner-Pressefoto/imago

Nach der Logik des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) scheint das Konzept durchaus charmant: Man erhöht einfach die Einspeisevergütungen jener Photovoltaikanlagen, deren Komponenten aus europäischer Produktion stammen – und schon füllen sich die Auftragsbücher der heimischen Hersteller.

Doch der Gedanke ist zu schön, um das Problem der großen Abhängigkeit Europas von asiatischer Solartechnik lösen zu können. Denn solche Differenzierung bringt viel Aufwand mit sich. Vor allem wenn man – wie es die Branche vorschlägt und was sinnvoll erscheint – die unterschiedlichen Wertschöpfungsstufen mit individuellen Aufschlägen bei der Vergütung belohnt.

Die Fertigungsprozesse sind vielschichtig. Zum Beispiel hat man Rohsilizium aus Deutschland, das zur Kristallisation nach Asien geht, dort in dünne Scheiben gesägt und zu Zellen prozessiert wird, die dann in Deutschland zu Modulen verbaut werden, deren Glas wiederum importiert ist. Der Wechselrichter kommt wiederum aus ­Europa.

Somit würden sich je nach Einzelfall unzählige Vergütungssätze ergeben. Zugleich müsste jeder Schritt zertifiziert werden, zur Freude von Gutachtern, denen ein weiteres Betätigungsfeld im Umfeld des ohnehin aufwendigen Lieferkettengesetzes zufiele.

Zuerst 2000

Auch grundsätzlich ist zu hinterfragen, ob das EEG noch der richtige Ort ist, um heimische Fertigung zu fördern. Zum einen ist das Gesetz ohnehin maßlos kompliziert. Als das erste EEG im Jahr 2000 entstand, reichte gesunder Menschenverstand, um Rechtsfragen durch einen Blick ins Gesetz zu klären. Heute braucht man Fachjuristen.

Zudem sollte das EEG eigentlich nur der Markteinführung der Erneuerbaren dienen, was grandios gelungen ist. Längst ist Solarstrom so billig – was Solarfreunde bei jeder Gelegenheit betonen –, dass man sich mit dem Gedanken anfreunden sollte, die Photovoltaik den Marktkräften zu überlassen.

Klar, das Problem fehlender heimischer Wertschöpfung wird damit nicht gelöst. Aber das muss auch nicht über das EEG erfolgen, denn den Verlust heimischer Produktion kennen andere Branchen ebenso – etwa Mikroelektronik oder Pharma. Deswegen sollte man das Ziel, Wertschöpfung nach Europa zurückzuholen, grundsätzlicher angehen.

Einen Weg könnte das Steuerrecht bieten, durch höhere Verbrauchssteuern bei gleichzeitiger Senkung der Lohnnebenkosten; das würde für heimische Produkte idea­ler­weise zum Nullsummenspiel, Importware hingegen würde teurer. Doch dies ist nur eine Idee. Weitere Ideen sind gefragt. Stoßrichtung muss ein allgemeines Industriekonzept für Europa sein, keine Nischenlösung für die Photovoltaik.

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