Roman über Olympia in der Antike: Epos mit schönen Schlenkern

Die Olympischen Spiele im antiken Griechenland werden im historischen Roman „Tod in Olympia“ von Robert Gordian lebendig, riech- und fühlbar.

Frauen in antiken Gewändern bei der Entzündung des olympischen Feuers.

Antike Folklore: die Entzündungszeremonie der olympischen Flamme Foto: imago

Wer weiß schon, wie es zuging bei den alten Griechen. Robert Gordian hat eine Ahnung und zeichnet mit schwungvollen Pinselstrichen ein anschauliches Bild davon. Gordian macht die Zeit in seinem historischen Roman „Tod in Olympia“ lebendig, riech- und fühlbar. Ölige, mit Staub bedeckte Nackte kämpfen um Ruhm, Ehre und den Ölkranz. Sie kommen von weit her, nur müssen sie Griechen und rein von einer „Blutschuld“ sein. Das trifft auch auf den Helden des Epos, Drakonides, den Faustkämpfer aus Mytilene, zu. Er reist von Lesbos aus zu den Eleern aufs Festland, um das Fest zu Ehren von Göttervater Zeus zu besuchen.

Eine Reihe von Abenteuern hat Drakonides, der bisher nicht in Olympia siegen konnte, zu bestehen: Er erleidet Schiffbruch, wird von einem eremitischen Alten aufgepäppelt, trifft einen verschlagenen Gönner und einen geheimnisvollen Gymnastes, will nach all den Wirren der Anreise die Spiele nur noch als Zuschauer besuchen und lässt sich dann doch mit sophistischem Feinschliff von einem Philosophen sowie einem Dampfplauderer aus seiner eigenen Delegation überreden, einen letzten großen Kampf unter den Augen des Alytarchs, des olympischen Oberaufsehers, zu wagen.

Dieser Dragonides ist eine kleine Berühmtheit in Griechenland, hat bei einem anderen panhellenischen Sportevent, den Isthmischen Spielen in Korinth, im Faustkampf gewonnen, doch nun will er mehr, trifft freilich auf einen schier übermächtigen Gegner, dem er stets unterlegen war. Ramphias nennt sich der Konkurrent, ähnlich angesehen wie Milon von Kroton, berühmtester Athlet der Antike, der sechs Mal bei Olympia gewann. Ramphias ist so überzeugt von sich, dass er nach dem Faustkampf auch noch im Pankration, im Ringkampf, antreten möchte, und eine Büste, die nur dem Sieger zusteht, hat er in seiner Hybris auch schon fertigen lassen.

Drakonides tritt also gegen Ramphias an. Der Dritte im Bunde der Kämpfer, der Agonisten, die diesmal auf Geheiß des Olympischen Rates die harten Lederriemen angelegt haben, ist Eutelidas. Der Eleer hatte Glück, wurde Ephedros, in der Antike ein Athlet, der bei ungerader Anzahl von Teilnehmern eines Agons ein Freilos erhält. Es kommt, wie es kommen muss: Ramphias wird für seinen Hochmut bestraft, unterliegt Drakonides, doch der ist so gezeichnet, dass er gegen Eutelidas chancenlos ist.

Kontrafaktische Ausschmückung

All das liest man mit einem gewissen Amüsement. Man nimmt die Parade der Götter und Halbgötter ab. Lernt brav neue Vokabeln (Mastigophoren, Ordnungshüter, und Paidotribes, Trainer niederen Ranges), erfreut sich durchaus an einer Sprache, die auf Kothurnen schreitet, also mitunter das Pathetische betont, geht mit dem Autor bereitwillig jeden Schlenker mit, den er mit kontrafaktischer Geschichtsausschmückung kühn vorgibt.

So tritt dann auch eine Frau und Mutter im Stadion auf, was strengstens verboten ist und fast mit dem Tod der Pherenike, der Siegbringenden, endet. Aber der zu diesem Zeitpunkt noch vitale Drakonides weiß das heldenhaft zu verhindern. „Tod in Olympia“ ist im Jahr 2000 bei Rowohlt erschienen, Ende der 80er Jahre freilich schon beim DDR-Verlag Neue Welt in Ost-Berlin, damals unter dem Titel „Letzter Kampf in Olympia“. Der Autor: Dieter Müller.

Letzterer startete nach der Wende offenbar unter Pseudonym eine Karriere als Schreiber historischer Belletristik. So vertiefte sich Gordian unter anderem in die Zeit der Merowinger und ließ „Odo und Lupus“, Kommissare im Auftrag Kaiser Karls des Großen, ermitteln. Im Feuilleton rümpft man über dieses Genre gern mal die Nase – zu Unrecht, wie die olympische Geschichte über Drakonides beweist.

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