Proteste gegen Amnestiegesetz in Spanien: Rechte Gewalt gegen Amnestie

Ministerpräsident Sánchez plant ein Amnestiegesetz für katalanische Politiker. Das bringt Rechte und Konservative auf die Barrikaden.

Eine Person steht auf der Straße und ruft etwas, hinter ihm Polizisten, ein anderer Mensch zeigt eine Fahne Spaniens

Protest in der Nähe der Zentrale der Sozialisten am /. November in Madrid Foto: Susana Vera/Reuters

MADRID taz | Nacht für Nacht ziehen seit fünf Tagen Tausende vor den Sitz der spanischen Sozialisten (PSOE) in der Madrider Innenstadt. Sie beschuldigen den Ministerpräsidenten Pedro Sánchez des Verrats am Vaterland – verlangen seinen Rücktritt und seine Inhaftierung, schimpfen auf Basken und Katalanen. Jede Nacht wird die Menge, bei der viele Nationalfahnen aus der Zeit der Franco-Diktatur mit sich führen und faschistische Parolen und Kampflieder skandieren, gewalttätiger. Es mischen sich immer mehr Gruppen schwarz gekleidete, vermummter Faschisten darunter.

Am Dienstag waren es laut Polizei 7.000 Demonstranten, doppelt so viele wie am Abend zuvor. „Die Verfassung zerstört die Nation“, stand auf einem riesigen Transparent in Natio­nalfarben zu lesen. Erstmals brannten Müllcontainer und ein Motorrad, es flogen Pflastersteine. Sieben Demonstranten wurden verhaftet. Auch in anderen spanischen Städten kommt es wiederholt zu Aufmärschen vor den „Volkshäusern“, wie die Büros der Sozialisten heißen. Die PSOE-Parteilokale bleiben aus Sicherheitsgründen ab nachmittags geschlossen.

Die Aufmärsche begannen als Proteste gegen­ Sánchez’ Plan eines Amnestiegesetzes für Hunderte von katalanischen Politikern und Aktivisten, die gerichtlich verfolgt werden, weil sie am 1. Oktober 2017 trotz Verbots ein Unabhängigkeitsreferendum organisierten. Unter denen, die davon profitieren, befindet sich der ehemalige katalanische Regierungschef Carles Puigdemont, der im Brüssler Exil lebt und im Europaparlament sitzt. Ihm droht zu Hause eine hohe Haftstrafe.

Sánchez braucht die regionalen Nationalisten

Die Amnestie ist ein Zugeständnis an die katalanischen Unabhängigkeitsparteien, damit sie Sánchez im Parlament zu einer weiteren Amtszeit verhelfen. Außerdem verhandeln die Sozialisten mit baskischen Nationalisten. Die Rechten gehen dagegen auf die Straße. Zwar kam die PSOE bei den Wahlen am 23. Juli nur auf Platz zwei hinter der konservativen Partido Popular (PP). Doch deren Spitzenkandidat Alberto Nuñez Feijóo konnte im Parlament nur die Unterstützung der rechtsextremen VOX sowie zweier Abgeordneter regionaler rechter Formationen hinter sich bringen.

Jetzt ist Sánchez an der Reihe. Der Preis für seine Regierungsmehrheit sei „die Erniedrigung Spa­niens“, wettert Feijóo. „Wir durchleben den größten Rückschritt der Demokratie in unserer Geschichte“, fügt er hinzu, als hätte es nie einen Bürgerkrieg gegen die Republik in den 1930er Jahren mit anschließender 40-jähriger Diktatur gegeben.

Die PP ruft am Sonntag in allen Provinzhauptstädten zu Kundgebungen. Eine Woche später dann soll es eine Großdemonstration in Madrid geben. Feijóo vermeidet es, die gewalttätigen Proteste explizit zu verurteilen.

Der einstige PP-Regierungschef José María Aznar verlangt einen „nationalen Streik“ aller Staatsbediensteter, der Armee und der Sicherheitskräfte. Die rechtsextreme Vox, die mit der PP in sechs Regionen und über 130 Gemeinden zusammen regiert, fordert die Polizeibeamten auf, „sich illegalen Befehlen zu widersetzen“.

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