Parlamentsdebatte in Spanien: Regierungsbildung, erster Versuch

Der rechte Feijóo gewinnt die Wahl, hat aber kaum Chancen, Ministerpräsident zu werden. Eine Brandmauer gegen Rechtsaußen ist im Weg.

Feijoo hebt die Hand zum Gruß im spanischen Parlament

Der konservative Kandidat, Alberto Nuñez Feijóo, am ersten Debattentag Foto: Bernat Armangue/ap

MADRID taz | Es war alles andere als eine Antrittsrede. Der Parteichef der rechten Partido Popular (PP) Alberto Nuñez Feijóo trat am Dienstag zur Mittagszeit vor das spanische Parlament, in einer Sitzung, die eigentlich mit seiner Wahl zum Regierungschef enden sollte. Doch der Konservative wusste von Anfang an, dass es dazu kaum kommen wird. Zwar gewann seine PP die Wahlen Ende Juli, doch reicht es selbst im Bündnis mit der rechtsextremen VOX und zwei Abgeordneten anderer rechter Formationen nicht zur Parlamentsmehrheit von 176 Stimmen. Dazu fehlen vier Abgeordnete.

Da keine der restlichen Parteien mit VOX aufs Foto will, wird Feijóo wohl bei der für Mittwochabend erwarteten ersten Abstimmung und für Freitagabend erwarteten zweiten Abstimmung Opfer einer Brandmauer gegen Rechtsaußen. Die PP regiert in Regionen und Gemeinden längst gemeinsam mit den Rechtsextremen.

Feijóos Anhänger stört es nicht, dass die Rechnung nicht aufgeht. Fahnenschwenkend feierten sie den PP-Chef vorm Parlament: „Präsident! Präsident.“ Sánchez musste sich „Raus! Raus!“-Rufe gefallen lassen.

Drinnen im Plenarsaal war Feijóo alles andere als präsidial. Seine Antrittsrede war nicht die Vorstellung eines Regierungsprogramms sondern vielmehr die Leitlinie eines Oppositionsführers gegen die noch amtierende und mögliche künftige Linkskoalition unter dem Sozialisten Pedro Sánchez. Es war eine Art vorweggenommenes Misstrauensvotum.

„Kein Ziel, auch nicht das Amt des Ministerpräsidenten, heiligt die Mittel“, schimpfte Feijóo gegen Sánchez. Gemeint ist eine mögliche Amnestie für 1.700 AktivistInnen, die das von Madrid untersagte Unabhängigkeitsreferendum am 1. Oktober 2017 in Katalonien organisierten. Denn sollte Feijóo wie erwartet scheitern, ist Sánchez an der Reihe. Alles deutet daraufhin, dass dieser von links bis in die Regionen, das gesamte Spektrum außerhalb der Rechten, hinter sich bringen kann. So könnte er im Oktober für weitere vier Jahre vom Parlament zum Ministerpräsidenten gewählt werden.

Sánchez braucht die Stimmen der Nationalisten

Allerdings sind dafür die in Katalonien regierenden Republikanischen Linken (ERC) und die Partei Gemeinsam für Katalonien (JxCat) des im Exil lebenden ehemaligen katalanischen Präsidenten Carles Puigdemont – ebenso wie zwei baskisch nationalistische Parteien – entscheidend. Und die Katalanen fordern eben jene Amnestie.

Er werde gegen die Unabhängigkeitsbefürworter die „Würde des Staates verteidigen“, versicherte Feijóo, der ein Gesetz gegen „Untreue gegenüber der Institutionen und der Verfassung“ versprach. Zwei Tage vor seiner Antrittsrede hatte die PP mehrere Zehntausend Menschen aus ganz Spanien mit Busen nach Madrid gefahren, um dort gegen den „Schurken“ Sánchez und seine „Verräterregierung“ zu protestieren. „Puigdemont ins Gefängnis“, riefen die Teilnehmer immer wieder. Feijóo lehnte dort wie im Parlament unter Applaus der Seinen jedwede Zusammenarbeit mit Nationalisten aus den Regionen ab.

Die PP suchte nach „ehrlichen Sozialisten“, die im Dienste der vermeintlich gefährdeten Einheit Spaniens zu ihm überlaufen könnten

Dabei hatte er selbst versucht, Unterstützung der im Baskenland regierenden Baskisch Nationalistischen Partei (PNV) zu erhalten. Würden deren fünf Angeordnete im ersten Wahlgang für ihn stimmen, würde das reichen. Feijóo erhielt eine Absage. Selbst mit Puigdemonts JxCat versuchte er ins Geschäft zu kommen. Deren sieben Abgeordnete müssten sich nur enthalten, damit Feijóo am Freitag im zweiten Wahlgang mehr Ja- als Nein-Stimmen auf sich vereint. Auch hier erhielt er eine Abfuhr.

Zuletzt ging die PP bei Sánchez’ PSOE auf die Suche nach „ehrlichen Sozialisten“, die im Dienste der vermeintlich gefährdeten Einheit Spaniens zu ihm überlaufen könnten. Die ehemalige Regierungschefin der Region Madrid, Esperanza Aguirre (PP), verhinderte 2003 dank zweier Überläufer aus der PSOE eine regionale Linksregierung. Am Dienstag sah es nicht so aus, als könnte sich dies ­zugunsten von Feijóo wiederholen.

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