Protest gegen Stuttgart 21: Da sind sie wieder
Nach Berichten über Milliarden-Kostensteigerungen beim Bahnhofsprojekt gehen erstmals seit langer Zeit Tausende auf die Straße. Sie fordern: „Raus aus der Grube“.
STUTTGART afp | In Stuttgart haben wieder tausende Menschen gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 protestiert. Nach Angaben der Veranstalter kamen 4.000 Teilnehmer zu der Veranstaltung unter dem Motto „Raus aus der Grube“ in die Stuttgarter Innenstadt. Die Polizei sprach von 2.500 Menschen, die an der friedlichen Kundgebung auf dem Schlossplatz und an dem anschließenden Zug zum Bahnhof teilnahmen.
Ein Sprecher der Parkschützer forderte den Umstieg „auf ein gutes Verkehrs- und Städtebauprojekt“. Zuletzt hatten nur einige hundert Menschen an den regelmäßigen Protesten gegen Stuttgart 21 teilgenommen.
Die Kritik an dem Mammutvorhaben hatte zuletzt durch Berichte über mögliche Kostensteigerungen in Milliardenhöhe neue Nahrung erhalten. Laut Medienberichten geht der Bundesrechnungshof nach einer mehr als dreijährigen Prüfung davon aus, dass Stuttgart 21 statt der bislang offiziell veranschlagten 6,5 Milliarden Euro bis zu zehn Milliarden Euro kosten könnte.
Außerdem warnten die Rechnungsprüfer demnach, dass die Finanzierung der Mehrkosten völlig ungeklärt sei. Die Deutsche Bahn hatte die Medienberichte zurückgewiesen und erklärt, das Projekt innerhalb des Finanzierungsrahmens bauen zu wollen.
Für das Megaprojekt Stuttgart 21 hatte der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn im März 2013 den Finanzierungsrahmen auf 6,5 Milliarden Euro aufgestockt – quasi als Obergrenze aller Kosten inklusive möglicher Risiken bis zur Fertigstellung, die bisher für Ende 2021 anvisiert wird.
Leser*innenkommentare
Georg Marder
"Die Deutsche Bahn hatte die Medienberichte zurückgewiesen und erklärt, das Projekt innerhalb des Finanzierungsrahmens bauen zu wollen."
Das ist doch ganz einfach. Wenn die Bahn da so sicher ist und das zu unrecht in Frage gestellt sieht, dann kann man ja die Bahnvorstände verpflichten, für jede Mehrausgabe dann mit dem persönlichen Vermögen zu haften - dann wird man sehr schnell sehen, ob das nur heisse Luft war oder ob es ernst gemeint war, mit der Obergrenze.
Ulrich Frank
Das ist leider nicht möglich - dank der herrschenden Politik.
Die Stuttgart-21-Kritiker fordern schon seit Jahren Entscheiderhaftung.
Solange jedoch Politiker, insbesondere die der Grünen Partei, zum Komplizen des erpreßten Projektfortschritts werden, sich, wie Herr Kretschmann, betend am Jacketzipfel der Kanzlerin festklammern (welche, ohne Sachkennntnis, Stuttgart 21 als "entscheidend für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands bezeichnet" hatte); solange die grün geführten Regierungen in Land und Stadt ihren Amtseid verleugnen, Ihre Kontrollaufgabe vernachlässigen, sich hinter fadenscheinigen Volksabstimmungen verstecken und sich aus der Politik immer nur das herauspicken was bequem ist, solange der pathetische grüne Landesverkehrsminster Winfried Hermann ebenfalls Merkel-Phrasen nachbetet, solange die IHK-hörigen Medien und die öffentlich-rechtlichen Regierungsanstalten dem Test von Epilatoren und Birkenstock-Schuhen mehr Zeit widmen als dem verkrachten Bahnprojekt, solange wird sich nichts zum Besseren wenden.
Trango
Ich wußte gar nicht, dass es so viele pensionierte Erdkundelehrer gibt.
571 (Profil gelöscht)
Gast
@Trango Was immer Sie damit aussagen wollten - es gibt wahrscheinlich noch viel mehr, das Sie nicht wissen...
TazTiz
Stuttgart21 ist der Steigbügel zur Macht: die Grünen sind mit ihm aufgestiegen, sie werden über ihn absteigen.
Der Allgäuer
Wer - wie die Deutsche Bahn, und übrigens auch die Eigentümerin der Bahn - so absolut und ohne Wenn und Aber davon überzeugt ist, das - von Anfang an als das am Besten geplante - Projekt im finanziellen Rahmen realisieren zu können, müsste öffentlich drei Fragen ohne Weiteres nicht nur beantworten können, sondern endlich auch beantworten.
Nämlich, ...
- wie es zu den bereits bekannten Erhöhungen auf 6,5 Mrd. EURO kommen konnte,
- warum die Bahn nun, im Rahmen der vertraglichen "Sprechklausel", mit den Partnern des Projekts darüber reden möchte, wer die Mehrkosten, die es doch gar nicht geben kann, mit finanziert, und
- warum der Aufsichtsrat dieses bundeseigenen Unternehmens bis September gutachterlich eine rechtliche Aufklärung haben möchte.
Der Allgäuer
Gerade las ich - oder besser gesagt: musste ich lesen -, dass die Projektpartner, also das Land Ba-Wü, die Stadt Stuttgart, die Flughafengesellschaft und der Regionalverband Stuttgart, von der Deutschen Bahn doch informiert worden sind.
Nach dem in der "STUTTGARTER ZEITUNG" erschienenen Bericht gab es vor der letzten Lenkungskreis-Sitzung für alle Beteiligten nicht nur eine mündliche Information, sondern auch die Möglichkeit, Akten und Unterlagen einzusehen.
Also, der Landesverkehrsminister, Herr Hermann (Grüne), sowie der OB von Stuttgart, Herr Kuhn (Grüne), wissen Bescheid!
Hinzu kommt, dass laut diesem Artikel, eine Vertreterin des Regionalverbands angemerkt habe, dass diese Information nicht zum ersten Mal stattgefunden habe.
Irgendjemand spielt hier mit "gezinkten Karten" - und die Grünen müssten nun den Verdacht ausräumen, dass sie es sind.