Nach Auslauf der Tarifverhandlungen: US-Autogewerkschaft startet Streik

Die Gewerkschaft „United Auto Workers“ bestreikt die Werke von drei Branchenriesen. Der Streik könnte auch US-Präsident Biden in Bedrängnis bringen.

Gewerkschaftler:innen halten Streikschilder gegenüber dem Ford-Montagewerk Michigan, USA, hoch.

Rund 13.000 Mit­ar­bei­te­r:in­nen drei großer US-Werke legten in der Nacht zum Freitag die Arbeit nieder Foto: reuters

DETROIT dpa | In einem bisher einmaligen Schritt werden Werke der drei großen US-Autobauer General Motors, Ford und Stellantis gleichzeitig von der einflussreichen Gewerkschaft UAW bestreikt. Die Arbeitsniederlegungen begannen in der Nacht zum Freitag, nachdem die Frist für Tarifverhandlungen ausgelaufen war. Ein längerer, flächendeckender Streik in der Autobranche könnte die US-Wirtschaft deutlich belasten. Der Arbeitskampf bringt auch Präsident Joe Biden ein Jahr vor dem nächsten Rennen ums Weiße Haus in eine Zwickmühle.

Die UAW mit rund 150 000 Mitgliedern forderte in den Verhandlungen zuletzt eine Erhöhung der Einkommen um 36 Prozent über vier Jahre verteilt. Die ursprüngliche Forderung lag bei 40 Prozent – weil in dieser Größenordnung die Einkommen des Top-Managements der großen Autokonzerne gewachsen seien. Die Au­to­baue­r:in­nen waren zu Zuwächsen von bis zu 20 Prozent über eine Laufzeit von viereinhalb Jahren bereit. Der im März gewählte UAW-Vorsitzende Shawn Fain betonte jedoch, die Angebote seien unzureichend angesichts der hohen Inflation und der guten Gewinnlage der Unternehmen.

Ford-Chef Jim Farley sagte in einem Interview des Wirtschaftssenders CNBC am Donnerstag, sein Konzern könne die von der UAW geforderte Erhöhung nicht zahlen, ohne in die Pleite zu schlittern. Die Gewerkschaft konterte bei der Online-Plattform X (ehemals Twitter) mit dem Hinweis darauf, dass Farley im vergangenen Jahr ein Einkommen von 21 Millionen Dollar bezogen habe. Die Gewerkschaft fordert auch die Rückkehr einiger Sozialleistungen, die nach der Finanzkrise von 2008 abgebaut wurden.

Der Streik begann in der Nacht zum Freitag (Ortszeit) im GM-Werk in Missouri, einem Stellantis-Werk in Ohio und einer Ford-Fabrik in Michigan. Zum Peugeot-Konzern Stellantis gehört der US-Autoriese Chrysler. Von den ersten Arbeitsniederlegungen sind mehrere populäre Modelle wie Jeep Wrangler und Ford Bronco betroffen. Die UAW bestreikt die Autokonzerne üblicherweise einzeln statt gleichzeitig. Jetzt wissen alle drei Unternehmen nicht, in welchem ihrer Werke als nächstes die Arbeit niedergelegt werden könnte.

US-Präsident Biden in Bedrängnis

Für Biden ist der Arbeitskampf ein Problem: Er gibt sich traditionell als sehr gewerkschaftsfreundlich. Ein Rückschlag für die US-Wirtschaft könnte aber seine Hoffnungen auf eine Wiederwahl in gut einem Jahr schmälern. Zudem gehören seine ambitionierten Umwelt-Pläne zum Ausbau der Produktion von Elektroautos in den USA zu den Auslösern des Streiks.

Der UAW ist bewusst, dass der Abschied von Verbrennermotoren zur Schließung traditioneller Werke führen könnte. Streit gibt es um Einkommen in neuen Standorten wie Batteriefabriken, die oft als Gemeinschaftsunternehmen mit Firmen aus Asien betrieben werden. Die Arbeiter beim Elektroauto-Konkurrenten Tesla sind nicht gewerkschaftlich organisiert.

Biden sprach am Donnerstag mit Fain und Spitzen der Autokonzerne „über den Stand der Verhandlungen“. Unter Mitwirkung des Weißen Hauses wurden in den vergangenen Jahren mehrere potenziell folgenschwere Streiks abgewendet, unter anderem im Güterbahnverkehr. Die „Washington Post“ berichtete, die Regierung bereite Unterstützungsmaßnahmen für Branchenzulieferer vor, die von den Streiks betroffen werden könnten.

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