Nach Attentaten in Paris: Festnahme in Bulgarien

Ein Franzose mit Kontakt zu den Paris-Attentätern wurde in Bulgarien festgenommen, in Frankreich könnten laut Polizei noch bis zu sechs Terroristen frei herumlaufen.

Marianne, das Symbol Frankreichs, mit dem Gesicht des Terrors. Bild: dpa

PARIS/WASHINGTON/SOFIA ap/afp | In Bulgarien ist bereits am 1. Januar ein Franzose mit mutmaßlichen Verbindungen zu einem der Attentäter aus Paris festgenommen worden. Das gab die Staatsanwaltschaft in Sofia am Dienstag bekannt.

Der 29-jährige Franzose „war mehrfach in Kontakt mit einem der Brüder“ Chérif und Said Kouachi, die am vergangenen Mittwoch die Satire-Zeitschrift Charlie Hebdo angriffen und zwölf Menschen erschossen, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft der Nachrichtenagentur AFP. Ihm werde „Mitgliedschaft in einer bewaffneten kriminellen Organisation zur Vorbereitung von Terrorakten“ vorgeworfen.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Sofia wollte der Mann über die Türkei nach Syrien weiterreisen, um sich dort den Dschihadisten anzuschließen. Er sei an der bulgarisch-türkischen Grenze gefasst worden.

Bis zu sechs Terroristen in Frankreich auf freiem Fuß

Nach den Terroranschlägen von Paris mit 17 Toten könnten sich rund sechs Mitglieder derselben Terrorzelle noch frei durch die Stadt oder das Land bewegen. Wie die Polizei der Nachrichtenagentur AP am Montag sagte, bestand die Gruppe vermutlich aus acht bis zehn Personen. Unter anderem sei ein Mann gesehen worden, der in Paris in den vergangenen Tagen ein Auto fuhr, das auf den Namen der Lebensgefährtin eines der Dschihadisten registriert sei. Beamte suchten nun nach dem Mini Cooper, hieß es. Die Frau selbst, Hayat Boumeddiene, befindet sich nach türkischen Angaben in Syrien.

Namen der möglichen Mitglieder der Zelle nannten die Beamten nicht. „Fünf bis sechs könnten noch frei herumlaufen“, hieß es. Premierminister Manuel Valls hatte zuvor gesagt, die Suche nach möglichen Komplizen der drei getöteten Attentäter gehe weiter, da die Bedrohung noch präsent sei.

Zwei der mutmaßlich radikalislamischen Männer – die Brüder Saïd und Chérif Kouchi – hatten am Mittwoch die Redaktion der Satirezeitschrift Charlie Hebdo gestürmt und zwölf Menschen erschossen. Ein dritter Extremist, Amedy Coulibaly, tötete am Donnerstag mutmaßlich eine Polizistin und verschanzte sich am Freitag in einem jüdischen Supermarkt mit Geiseln. Vier jüdische Kunden kamen dabei ums Leben. Er war der Lebensgefährte von Boumeddiene.

Ein Polizeibeamter berichtete, Coulibaly habe am Donnerstag zudem offenbar fernab der Medienaufmerksamkeit eine Autobombe in der Stadt Villejuif ausgelöst, damit aber niemanden verletzt. „Villejuif“ bedeutet übersetzt „jüdische Stadt“.

Auch Coulibaly stand offenbar auf US-Überwachungsliste

Einem Medienbericht zufolge hat außer den Kouachi-Brüdern auch Amedy Coulibaly auf einer US-Überwachungsliste gestanden. Der Sender CNN berichtete am Montag (Ortszeit) unter Berufung auf einen US-Vertreter, dass Coulibalys Name seit „einer Weile“ in einer Datenbank mit potenziellen Extremisten geführt worden sei. Demnach handelt sich um die Tide-Liste (Terrorist Identities Datamart Environment). Sie enthält rund eine Million Namen.

Zum Schutz der Bevölkerung beorderte Frankreich 10.000 Soldaten in die Straßen. Der Fokus soll Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian zufolge auf den am stärksten gefährdeten Orten liegen. Dazu gehören jüdische Schulen und Viertel, etwa der Distrikt Marais, eines der ältesten jüdischen Viertel in Paris. Allein 4.700 Sicherheitskräfte seien abbestellt, um die 717 jüdischen Schulen zu bewachen, sagte Innenminister Bernard Cazeneuve.

Erdogan wirft dem Westen „Heuchelei“ vor

Religiöse Spannungen treten nach den Terroranschlägen immer stärker zutage. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan warf dem Westen in seinen Reaktionen nach den Attacken „Heuchelei“ und Hass auf den Islam vor. „Wir als Muslime standen niemals auf der Seite des Terrorismus, wir standen niemals auf der Seite von Massakern“, sagte er auf einer Pressekonferenz mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. „Was hinter diesen Blutbädern steckt, sind Rassismus, Hassreden und Islamophobie.“

Die französische Polizei hatte zeitweise vermutet, dass sich die 26-jährige Hayat Boumeddiene bei der Geiselnahme in dem jüdischen Supermarkt zusammen mit Coulibaly befand. Doch war die Frau nach türkischen Angaben schon am 2. Januar – also rund eine Woche vor den Pariser Attentaten – in der Türkei angekommen und am 8. Januar nach Syrien weitergereist, einen Tag vor der Geiselnahme. Dies bestätigte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu der amtlichen Nachrichtenagentur Anadolu.

Das letzte Telefonsignal der Frau wurde am 8. Januar aus dem Grenzort Akcakale empfangen, von wo aus sie offenbar die Grenze in von der Terrormiliz Islamischer Staat kontrolliertes Gebiet überquerte. Coulibaly hatte sich in einem Video zum IS bekannt.

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