Müll durch Einweg-Kaffee: Der Becher-Streit
Laut Verbraucherzentrale landen in Deutschland jährlich 6,4 Milliarden Pappbecher im Müll. Sie fordert ein Umdenken. Der Deutsche Kaffeeverband hält dagegen.
HAMBURG dpa | Kaffee zum Mitnehmen für unterwegs gibt es noch gar nicht allzu lange – aber er ist ungeheuer populär. Das beliebteste Getränk der Deutschen wird von Bäckereien und Coffee-Shops ebenso wie von Fast-Food-Ketten, Tankstellen und in Automaten angeboten. Mit einer Kampagne für Mehrweg-Kaffeebecher will die Verbraucherzentrale Hamburg die zunehmende Müllflut durch den beliebten Coffee to go eindämmen.
Jährlich werden nach Berechnungen der Verbraucherzentrale in Deutschland rund 6,4 Milliarden Pappbecher samt Plastikdeckel verbraucht und landen im Abfall. Die Branche bestreitet diese Zahl; sie kommt auf weniger als zwei Milliarden Becher. „Die damit verbundene Umweltbelastung durch die Herstellung und Entsorgung findet bisher kaum Beachtung“, sagte Dirk Petersen, der Umweltexperte der Verbraucherzentrale. Die Produktion eines Bechers verursache 110 Gramm CO2, was sich pro Person und Jahr auf 40 Kilogramm summiere.
Der Deutsche Kaffeeverband erklärte, nach seinen Erkenntnissen liege der Verbrauch von Kaffeebechern nicht bei 80, sondern bei 23 pro Kopf und Jahr. Der Branchenverband verteidigte den Einwegbecher und zitierte dazu eine Studie der niederländischen Organisation für angewandte Wissenschaft TNO zu den sogenannten Schattenkosten von Einweg- und Mehrwegbechern. Sie drücken die Umweltbelastung eines Produktes oder Systems in Euro aus.
Die Studie zeige, dass die Schattenkosten für wiederverwertbare Becher zwischen 2,52 Euro und 4,67 Euro variieren. Der Einwegbecher schwanke zwischen 0,85 Euro und 1,45 Euro; das hängt jeweils von einzelnen Faktoren ab. „Aus Sicht des Deutschen Kaffeeverbandes können somit ökologische und auch hygienische Aspekte gute Gründe für die Nutzung eines Einwegbechers darstellen“, sagte Hauptgeschäftsführer Holger Preibisch.
Rabatt für eigene Becher
Die Verbraucher in Deutschland trinken im Jahr rund 165 Liter Kaffee, mehr als Mineralwasser (140 Liter) und Bier (107 Liter). Ungefähr jede vierte Tasse wird außer Haus konsumiert, schätzt der Verband. Bäckereien und Stehcafés liegen da weit vorn. Der Kaffee wird dort nicht zwingend in Pappbechern ausgeschenkt, sondern auch in Porzellantassen. Viele Kunden entscheiden sich aber für die Variante „to go“ und wählen den Pappbecher.
Viele Coffee-Shops, in Hamburg rund die Hälfte, haben gegen einen Preis von 4,90 Euro bis 15,90 Euro auch Mehrwegbecher im Sortiment, zur Zeit auch mit weihnachtlichen Motiven. Und häufig gibt es Rabatte für Kunden mit einem eigenen Becher. „Viele Kunden ziehen aber den Pappbecher vor“, heißt es hinter der Theke in einem Hamburger Coffee-Shop. „Sie wollen ja nicht den ganzen Tag mit einem Becher herumlaufen, sondern sich spontan dann einen Kaffee kaufen, wenn sie Lust darauf haben.“ Einzelne Bäckereien oder Coffee-Shops akzeptieren auch keine Mehrweg-Becher oder nur die eigenen – vorgeblich aus hygienischen Gründen.
Dabei ist der Kaffeebecher nach Einschätzung der Verbraucherschützer nicht nur ein Problem für die Umwelt. „Die Becher sind innen mit Kunststoff beschichtet, von dem auch schädliche Stoffe an den Kaffee abgegeben werden können“, sagte Petersen. „Eine gesundheitliche Beeinträchtigung kann nicht ausgeschlossen werden.“
Leser*innenkommentare
mecki
Tja, ohne Einwegbecher wäre die Welt auch nicht ärmer.
Die Reaktion der Backwarenverkäuferinnen ist immer interessant, wenn ich sie bitte, den Kaffee doch in meine Mehrwegtasse zu gießen. Meistens klappt's.
Übrigends kommen mir die Schattenkosten im Artikel zu hoch vor. Hat die taz oder dpa Euro und Cent verwechselt?
Jürgen Schütte
Was regen Sie sich denn über Kaffee-Pappbecher auf? Denken Sie mal an all die Plastikverpackungen im Supermarkt. Da wird einfach ein grüner Punkt drauf gepappt und alles scheint in Ordnung zu sein. Das Plastikproblem ist doch weit aus größer und beachtenswerter als die "To Go Peaple".
Schreiben Sie mal einen Artikel über Plastikmüllvermeidung. Und dann nicht nur über die böse Plastiktüte.
Ansgar
@Rossignol: Der Kaffee-to-Go Boom ist nicht verwunderlich: Immer mehr Menschen pendeln täglich über immer weitere Strecken zur Arbeit. Wirtschaft und Politk, aber auch die horenden Mieten in Ballungsräumen und Großstädten sind dafür verantwortlich. Wer morgens auf dem Weg zur Arbeit erstmal eine Stunde und mehr in der Bahn sitzt, der möchte diese Zeit wenigsten sinnvoll nutzen. Zum Beispiel um in Ruhe einen Kaffee zu trinken.
Auf der anderen Seite spricht natürlich nichts dagegen, einfach seinen eigenen Becher mitzunehmen.
Rossignol
Wer noch nicht einmal die Muße hat, im Sitzen in Ruhe seinen Kaffee zu schlürfen, der sollte lieber drauf verzichten.
Diese Unsitte Essen und Trinken im Gehen zu erledigen, zeigt auch die Einstellung der Menschen zu sich selbst - der Mensch ist wie er isst (und trinkt)!
Age Krüger
Das ist eben der Unterschied zwischen dem Kaffeetrinker und dem Teetrinker.
Kaffee ist was zum reinschütten, Tee ist was zum genießen.
Leo Ari
Wie hoch ist eigentlich die Umweltbelastung durch die Verwendung von Einweg-Kondomen?
Georg Schmidt
@Leo Ari in dem hiessigen Studentenwohnheim war mal die Abwasserentsorgung verstopft-wegn gebrauchter Kondome, im Fall Coffee to go! wir äffen halt alles den Amis nach !
Leo Ari
"wir äffen halt alles den Amis nach !"
Nein, ein gutes Produkt setzt sich einfach durch und die Amerikaner sind dabei nunmal viel innovativer als wir.
Man kann ja darüber streiten ob der Kaffee zum Mitnehmen umweltfreundlich ist. Unbestreitbar ist aber, dass es parktisch ist seinen Kaffee auch mitnehmen zu können, statt ihn gebunden an einen Ort trinken zu müssen,
reblek
"Coffee to go" - Kaffee zum Weglaufen.