Machtkampf in Libyen: Das Land bleibt gespalten

Libyens Einheitsregierung ist in der Hauptstadt Tripolis eingetroffen. Gegnerische Milizen mobilisieren bereits ihre Anhänger.

Zwei Mädchen stellen Kerzen in abgesägten Wasserflaschen auf den Boden

Kerzen zur Unterstützung der libyschen Armee Foto: reuters

TUNIS taz | Libyens Einheitsregierung ist trotz Drohungen religiöser Extremisten in der Hauptstadt Tripolis eingetroffen. Regierungschef Fayez Serraj wurde in Begleitung von Mitgliedern des sogenannten Präsidialrats am Mittwoch von Offizieren auf der Marineakademie im Hafen von Tripolis empfangen. Der Geschäftsmann war seit seiner Nominierung im Rahmen der von der UNO geleiteten Friedensgespräche aus Sicherheitsgründen im tunesischen Exil geblieben.

Milizen, die das Abkommen ablehnen, rückten nach dem Umzug der Regierung aus. Sie kontrollieren den Großteil der Zwei-Millionen-Stadt. Mindestens ein Zivilist starb bei Kämpfen mit Serrajs Geleitschutz aus der Hafenstadt Misrata. Angehörige des Geleitschutzes hatten zuvor das Gebäude des TV-Senders Al Nabba gestürmt, der gegen die UNO und die libysche Armee in Bengasi im Osten des Landes Stimmung machte. Auch die dortige Regierung lehnt Serraj ab, da das international anerkannte Parlament in Tobruk noch nicht die nötige Zustimmung gegeben hat.

„Libyen hat nun drei Regierungen“, beschreibt der Journalist Ala Drasy die Lage. „Es ist gut, dass der Machtkampf zwischen Ost und West von einer neutralen Partei beendet wird, die Unterstützung in der Bevölkerung hat, doch gegen die religiösen Milizen ist sie chancenlos.“

Doch diese wollen ihren Machtanspruch nicht aufgeben. Da der in Tripolis regierende Khalifa al-Ghweil den Luftraum über Westlibyen sperren ließ, kam Serraj mit einem libyschen Patrouilleboot aus dem tunesischen Sfax nach Tripolis. Libyens oberster Mufti, Sadiq Gahriani, rief zum Dschihad gegen die Einheitsregierung auf, da diese „gegen die Scharia und für einen liberalen Staat“ eintrete.

Das Ende des Bürgerkriegs feiern

Die mit Panzern und Artillerie ausgerüsteten Milizen in Misrata machen mobil, um Serraj zu schützen. Mit Feiern wurde dort das Ende des Bürgerkriegs begangen. „Die vielen Menschen auf den Straßen wollten aber auch die Einheit der Stadt einfordern“, so der Geschäftsmann Faisal Swehli. Denn mit Salah Badi kommt einer der gefährlichsten Gegner der Einheitsregierung aus Misrata.

Politiker aus der Stadt hatten gehofft, den mit ehemaligen Al-Qaida-Kämpfern verbündeten Badi davon zu überzeugen, keinen Widerstand zu leisten. Doch der Kommandeur schmiedet offenbar eine Allianz für einen Angriff auf die Marinebasis nahe der Altstadt von Tripolis.

Falls sich ihm die in Tripolis versteckten Zellen des „Islamischen Staats“ anschließen, könnte ein Szenario wie in Bengasi entstehen, wo eine Art Bürgerarmee unter dem Kommando von General Khalifa Hafter gegen die religiösen Milizen des „Schura-Rats“ kämpfen.

Die knappe Rede von Serraj macht nur wenigen Bewohnern von Tripolis Mut, die unter dem Verfall des Dinars und zunehmenden Versorgungsengpässen leiden: „Es ist Zeit für uns Libyer, zum Wohle des Landes zusammenzuarbeiten.“

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