Leistungsschutzrecht im Bundestag: „Das Internet schläft nicht“
Zu später Stunde wurde der Gesetzentwurf zum Leistungsschutzrecht im Bundestag diskutiert. Die Opposition nannte ihn rückwärtsgewandt .
BERLIN dpa | Der Bundestag hat in der Nacht zum Freitag ein Gesetz auf den Weg gebracht, das für die Medien- und Netzpolitik von großer Bedeutung ist: Der Entwurf eines Leistungsschutzrechts für Presseverlage wurde kurz vor Mitternacht zur weiteren Beratung den Fachausschüssen übergeben.
Die Neuerung reguliert die Nutzung von Presseartikeln durch Suchmaschinen wie Google oder Bing: Diese sollen künftig zahlen, wenn sie Inhalte der Verlage ausführlicher darstellen als in Form eines knappen Links. Die Opposition verurteilte das Vorhaben als rückwärtsgewandt und innovationsfeindlich.
Während es im Plenum viele leere Bänke gab, fand die Debatte im Internet rege Resonanz. Im Online-Netzwerk Twitter waren die Gegner des Vorhabens in der Überzahl. Der FDP-Abgeordnete Max Stadler kritisierte die Ansetzung des Tagesordnungspunktes zu später Stunde und wies auf die besondere Beachtung des Themas hin: „Das Internet schläft nicht“.
Stadler verteidigte das Leistungsschutzrecht und sagte, der Gesetzentwurf zum Urheberrecht sei „eine sehr gute Grundlage für die Debatte in den Ausschüssen“. Dass es in der Koalition auch Kritik an dem Entwurf gibt, machte Jimmy Schulz deutlich, der auf eine einfache technische Lösung hinwies und sagte: „Code is Law.“
„Schlampig formuliert“
Für die CDU meinte Ansgar Heveling, es gehe um die Frage, „wie dereguliert der Wirtschaftsraum Internet sein soll“. Das Internet sei zwar ein Freiheitsraum. Aber „Freiheit darf auch im Internet keine einseitige Freiheit sein.“
Lars Klingbeil (SPD) kritisierte das Leistungsschutzrecht als Eingriff in die Informations- und Kommunikationsfreiheit. Sein Parteikollege Martin Dörmann verwies auf die Kritik von Wirtschaftsverbänden an dem Gesetzentwurf und sagte, damit würden „hilfreiche Suchmaschinenfunktionen faktisch eingeschränkt“.
Die Grünen-Politikerin Tabea Rößner nannte den Gesetzentwurf rückwärtsgewandt und kritisierte, dass dieser erhebliche Rechtsunsicherheit aufwerfe: „Leistungsschutzrecht wird Anwalts Liebling.“ Journalisten hätten das Geld viel nötiger, fügte sie hinzu. Für die Linke warf Petra Sitte der Bundesregierung vor, das Gesetz „denkbar schlampig formuliert“ zu haben. Damit würden Innovationen im Netz behindert, wenn es um die Aufbereitung von Informationen gehe.
Nach der Beratung in den Fachausschüssen wird der Gesetzentwurf dann möglicherweise mit Änderungsvorschlägen erneut dem Bundestag vorgelegt. Ob das Gesetz aber noch in der laufenden Legislaturperiode in zweiter und dritter Lesung verabschiedet werden kann, ist ungewiss. Der Bundesrat, die Länderkammer des Parlaments, muss nicht zustimmen.
Leser*innenkommentare
krischn
Gast
Hab mir die www.taz.de/robots.txt mal angekuckt - Die Urbach-Hommage soll nicht von Yahoo (und nur denen) indiziert werden? Ist das ein Insider und/oder kann mich jemand erleuchten?
Christophe T.
Gast
ist schon seltsam dass genau die Leute die jahrelang Geld von den Abonenten & Werbeargenturen abgezoggt haben ploetzlich auch noch Gelds dafuer wollen dass man die Sachen auch tatsaechlich findet. Ich finde das komisch - ich verlange ja auch kein Geld von den Gelben Seiten weil meine Telefonummer da drin steht (und die schalten ja auch Anzeigen ...).
Mathias Küfner
Gast
Wie dumm sind wir eigentlich alle, wenn wir denken, dass die geraubte Freiheit nur durch Leistungsschutzrechte zurück gebracht werden könnte? Schon längst hat jeder Webseitenbetreiber die Wahl, ob Suchmaschinen seine Seiten mit aufnehmen sollen oder ob sie einen großen Bogen darum machen müssen. Google und andere große Suchmaschinen halten sich daran.
Die Anweisungen dazu finden sich in der robots.txt Datei eines Webservers, z.B.
https://www.taz.de/robots.txt
Doch fast nie nutzt jemand diese Sperrmöglichkeiten, denn man WILL ja gefunden, gelistet und verlinkt werden. Dann aber gleichzeitig zu krakelen, dass die Suchmaschinen einen völlig ungefragt ausnutzen ist unglaublich inkompetent oder völlig paradox. Alle vorgetragenen Argumente zu Leistungsschutzrechten zielen bislang an der Realität vorbei.