Künstliche Intelligenz und Datenschutz: Wer die KI füttert

Mit den persönlichen Daten von Nut­ze­r:in­nen eine KI trainieren? Das erlauben sich immer mehr Tech-Konzerne. Doch es gibt noch eine Chance.

Illustration eines geöffneten Kopfes aus dem Daten heraus strahlen

Nut­ze­r:in­nen öffnen ihre Köpfe für Unternehmen. Was werden die mit den Daten tun? Illustration: Sean Gladwell/Moment RF/Getty Images

BERLIN taz | Nun also auch X, die Kurznachrichten-Plattform, die bis vor einigen Wochen noch Twitter hieß: Das Unternehmen hat seine Datenschutzbedingungen überarbeitet, und weil die meisten Nut­ze­r:in­nen da bereits gedanklich aussteigen, werden sie Folgendes nicht mitbekommen: Das Unternehmen erlaubt sich – ab Stichtag 29. September, dann sollen die neuen Bedingungen in Kraft treten – die gesammelten persönlichen Daten auch zu verwenden, um Software-Modelle mit künstlicher Intelligenz (KI) zu trainieren.

Das hat deshalb eine kleine Pointe, weil Eigentümer Elon Musk vor zwei Monaten Twitters Schnittstelle nach außen hin sperrte – mit der Begründung, Drittanbieter würden die Daten im großen Stil abgreifen, um ihre KI-Modelle zu trainieren. Dieser Sperrung, der immer weiter absackenden Kommunikationskultur und der sich verschlechternden Nutzbarkeit der Plattform wegen wandern aber zunehmen Nut­ze­r:in­nen ab – Musk bleibt für sein KI-Training also nicht einmal annähernd das Datenmaterial, das er noch vor einem Jahr gehabt hätte.

Aber das ist für ihn vermutlich sekundär. Persönliche Daten von Nut­ze­r:in­nen für das KI-Training zu verwenden, liegt im Trend. Das ist logisch, denn werbemäßig ist aus diesen Daten in der Regel bereits das Maximum rausgeholt – warum sie also nicht noch zu einem weiteren potenziell lukrativen Zweck ausbeuten? Oder wenn nicht, als Unternehmen zumindest signalisieren, dass man die aktuelle technologische Entwicklung nicht verpasst?

Der Videokonferenzanbieter Zoom hat sich die KI-Nutzung bereits eingeräumt – ruderte aber nach Protesten wieder halb zurück und will die Daten nun nur mit Zustimmung verwenden. Zu Microsoft läuft aktuell eine Petition. Ex­per­t:in­nen der Mozilla-Stiftung haben den neuen Servicevertrag des Software-Konzerns, der am 30. September in Kraft treten soll, untersucht. Und es ist ihnen nach eigener Aussage nicht gelungen, herauszufinden, ob Microsoft Daten von Nut­ze­r:in­nen zum KI-Training verwenden will.

Das richtige Timing

Dieses Feature – möglichst luftige Formulierung mit möglichst wenig Verbindlichkeit – hat Microsoft dabei aber nicht exklusiv. Datenschutz- und Nutzungsbedingungen sind in der Regel derart schwammig gehalten, dass Nut­ze­r:in­nen realistischerweise häufig davon ausgehen müssen: Nur was ausdrücklich ausgeschlossen ist, machen die Unternehmen auch wirklich nicht. Dass etwas gesetzlich, beispielsweise laut Datenschutz-Grundverordnung nicht erlaubt ist, muss nichts heißen. Schließlich gibt es bei Bedarf immer noch Aufsichtsbehörden, die Gesetze auch mal lax auslegen, wenn es der Wirtschaftsförderung dient. Nicht wahr, Irland?

Doch es gibt eine Chance für die Nutzer:innen: Timing. Denn: neue Technik, neue Regulierung. Die EU ist gerade dabei, Regeln für die Entwicklung und den Einsatz von KI zu verhandeln. Wenn die EU-Gremien schlau sind, dann lernen sie aus dem, was bei den letzten großen Vorhaben nicht so gut gelaufen ist. Beim Datenschutz ist das zum Beispiel die ungenügende und zersplitterte Durchsetzung. Jetzt in Sachen KI könnten die Gremien es anders machen.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte forderte bereits, dass es möglich sein müsse, die eigenen Daten vor dem Erfassen durch KI-Systeme zu schützen. Besser wäre etwas anderes: Firmen, die ihre KI-Systeme mit persönlichen Daten füttern wollen, sollten dazu die ausdrückliche Erlaubnis der Betroffenen einholen müssen. Damit eine Einwilligung nicht wieder in irgendwelchen Nutzungsbedingungen untergeht, die niemand liest.

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