Kalifornisches Gesetz zu Sex an Unis: Nur „Ja“ bedeutet „Ja“

An kalifornischen Unis dürfen Studierende künftig nur nach ausdrücklichem „Ja“ vom Partner Sex haben. Die Regelung soll auch betrunkene Frauen schützen.

Viele Übergriffe finden auf Frauen nach ausgelassenen Partys statt: „Spring Break“-Feier in Mexiko. Bild: reuters

BERKELEY dpa | Für die kalifornische Studentin Sofie Karasek (21) hat „Yes Means Yes“ (Ja bedeutet Ja) eine ganz besondere Bedeutung. „Das ist ein riesiger Schritt nach vorn“, sagt sie über das neue Gesetz, mit dem der US-Westküstenstaat an seinen Hochschulen gegen Vergewaltigungen und sexuelle Übergriffe vorgehen will. Als 18-jährige Studienanfängerin an der Universität in Berkeley war Karasek selbst von einem Mit-Studenten belästigt worden. Seither macht sich die Politologiestudentin für mehr Sicherheit und Hilfe für die Opfer an ihrem Campus stark. Sie ist nicht allein.

Zig Studenten- und Frauenorganisationen kämpften über Monate hinweg für die Verabschiedung des Gesetzes SB 967, auch als „Yes Means Yes“ bekannt, das am Sonntag von Gouverneur Jerry Brown unterzeichnet wurde. Kalifornien ist damit der erste US-Staat, der „affirmative consent“ verlangt, also eine ausdrückliche Zustimmung für eine sexuelle Begegnung zwischen Studenten. Die Regelung gilt nur für Hochschulen, die vom Staat finanziell unterstützt werden.

Das wichtige daran sei, dass künftig ein „ausdrückliches Ja“ zum Standard werde: „Wer Sex initiiert, muss den Partner erst um Erlaubnis fragen“, erklärt Karasek. Wer etwa betrunken ist, unter Drogen steht, bereits eingeschlafen oder bewusstlos ist, kann dem Gesetz zufolge keine Einwilligung geben. Sich nicht ausreichend wehren oder Stillschweigen sind somit kein „Yes“ zum Sex. Die Zustimmung kann aber auch ohne Worte erfolgen: "Jemand kann 'Ja' sagen oder nicken, oder wenn man 'Nein' meint, den Kopf schütteln".

Der demokratische Senator Kevin de León hatte das sogenannte „Yes Means Yes“-Gesetz beim Parlament in Sacramento eingebracht. „Jede Frau hat das Recht, ihren Traum von einer höheren Bildung zu verfolgen, ohne dabei von dem Alptraum von Gewalt und sexuellem Missbrauch bedroht zu sein“, sagte León nach der Unterzeichnung des Gesetzes.

Untätige Uni-Verwaltungen

Nicht nur Opfer, Aktivisten und Politiker an der US-Westküste schlagen Alarm. León führt eine Statistik an, wonach jede fünfte Studentin an US-Hochschulen während ihrer Studienzeit Opfer sexueller Gewalt wird. Auch die Obama-Regierung hat sich längst eingeschaltet. Das Bildungsministerium geht Beschwerden über Missstände an Dutzenden Universitäten nach, darunter Elite-Hochschulen wie Princeton und Harvard.

Schlagzeilen macht auch seit Wochen die 21-jährige Studentin Emma Sulkowicz an der New Yorker Columbia Universität. Sie läuft aus Protest mit ihrer Matratze über den Campus. Vor zwei Jahren sei sie in ihrem Zimmer von einem Kommilitonen vergewaltigt worden, doch trotz Beschwerden bei der Uni-Verwaltung sei der Täter nicht zur Rechenschaft gezogen worden, sagt die Kunststudentin.

Auch Sofie Karasek hatte sich 2012 hilfesuchend an eine Beratungsstelle der Universität Berkeley gewandt. Sie legte Beschwerde ein, in der Hoffnung, die Hochschule würde dem Fall zügig nachgehen. Monatelang sei nichts geschehen, der mutmaßliche Täter schloss mittlerweile sein Studium ab. Im Frühjahr zog Karasek mit 30 anderen Studentinnen, die ebenfalls auf Ermittlungen pochen, vor eine Bundesbehörde. Die Gleichgültigkeit der Hochschule sei für manche Opfer noch schlimmer als der sexuelle Übergriff, klagt die Studentin.

Übergriffe auf Alkoholisierte

Auch hier soll das neue Gesetz Abhilfe schaffen. Uni-Mitarbeiter, Berater und Ermittler müssen besser geschult werden. Die Hochschulen werden angewiesen, auf die neuen Regeln hinzuweisen, Unterstützung anzubieten und präventive Maßnahmen zu ergreifen.

Viele Übergriffe werden auf die oft ausgelassene Party-Szene an den Hochschulen mit reichlich Alkohol und Drogenkonsum zurückgeführt. „Da kommt es oft zu Sex ohne wirkliche Zustimmung“, sagt Rishi Ahuja. Der 21-jährige Student in Berkeley steht voll hinter der „Yes Means Yes“-Initiative. „Ich bin sehr dafür, mit mehr Vorsicht miteinander umzugehen.“

„Studentinnen sollten sich auf dem Campus einfach sicher fühlen“, meint Karasek. „Ich bin sehr stolz darauf, dass wir das Gesetz in dem bevölkerungsreichsten Staat der USA durchgebracht haben. Kalifornien ist ein Trendsetter, hoffentlich werden andere folgen.“

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