Justizreform in Israel: Netanjahu legt Teilkompromiss vor

Israels Regierung zeigt sich kompromissbereit bei der Auswahl von Richtern. Doch Gegner der Justizreform halten an ihrer Kritik fest.

Benjamin Netanjahu während einer Kabinettssitzung am 19. März Foto: Abir Sultan/ap

JERUSALEM rtr/dpa/taz | Nach mehr als zwei Monaten massiver Proteste hat der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eine Abschwächung der geplanten Justizreform angekündigt. Ursprünglich sollte das von der weit rechtsstehenden Regierung angestrebte Gesetzespaket bis zum 2. April ratifiziert sein, wenn die Knesset in die Parlamentspause geht.

Am Montag erklärten Netanjahu und seine religiös-nationalistischen Koalitionspartner, die meisten Vorhaben würden zurückgestellt, bis die Knesset am 30. April wieder zusammentritt. Im Mittelpunkt der Reform steht das Verfahren zur Auswahl der Richter.

Die Regierung will ihren Einfluss dabei stärken und die Befugnisse des Obersten Gerichtshofs einschränken. Sie begründet dies mit dem Vorwurf, Richter hätten sich in die Politik eingemischt. Kritiker werfen der Regierung vor, die Unabhängigkeit der Justiz einschränken zu wollen.

In einer Erklärung der Regierung vom Montag hieß es, es bleibe bei der geplanten Überprüfung der Richter in einem Auswahlgremium. Auch solle dieses Gremium wie ursprünglich von neun auf elf Mitglieder erweitert werden. Im ursprünglichen Gesetzentwurf sollten ihm drei Kabinettsminister, zwei Abgeordnete der Regierungskoalition und zwei von der Regierung gewählte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens angehören.

Damit hätte die Regierung über eine Mehrheit von sieben zu vier Stimmen verfügt. In der geänderten Fassung soll das Gremium aus drei Kabinettsministern, drei Abgeordneten der Regierungskoalition, drei Richtern und zwei Abgeordneten der Opposition bestehen. Das könnte eine knappere Mehrheit der Regierung von sechs zu fünf bedeuten. Außerdem sieht der geänderte Entwurf vor, dass nicht mehr als zwei Richter des Obersten Gerichtshofs durch regelmäßige Abstimmungen in einer bestimmten Sitzung der Knesset ernannt werden können.

Oppositionsführer Jair Lapid sowie Vertreter der Protestbewegung lehnten den Vorschlag am Montag ab. Er ändere nichts an der grundlegenden Stoßrichtung der Justizreform und dem geplanten Einfluss der Regierung auf den Obersten Gerichtshof.

Netanjahu und Biden telefonieren

Am Samstag hatten Israelis das elfte Wochenende in Folge gegen die geplante Reform protestiert. Sie werfen der Regierung aus Konservativen, religiösen Fundamentalisten und rechten Nationalisten vor, die demokratische Kontrolle von Ministern durch die Gerichte zu gefährden. Daher stehe die Zukunft der Demokratie auf dem Spiel. Staatspräsident Isaac Herzog hat für eine Verschiebung der Reform plädiert.

Auch US-Präsident Joe Biden hatte am Sonntag Netanjahu zu einem Kompromiss bei der Justizreform aufgerufen und seine Hilfe angeboten. Demokratische Prinzipien seien immer das Kennzeichen der US-israelischen Beziehungen gewesen und müssten dies bleiben, sagte Biden nach Angaben des Weißen Hauses bei einem Telefonat mit Netanjahu.

Grundlegende Veränderungen bräuchten eine möglichst breite öffentliche Unterstützung. Der Präsident habe Unterstützung bei den laufenden Bemühungen um einen Kompromiss zur vorgeschlagenen Justizreform angeboten, hieß es weiter.

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