Journalistin über Italien-Wahl: „Es schmerzt, belächelt zu werden“

Die Italiener haben nicht aus Trotz Beppe Grillo gewählt. Und sie sind auch nicht deutschlandfeindlich, sagt die Autorin und Journalistin Petra Reski.

Die meisten Italiener mögen Berlusconi nicht. Aber noch weniger mögen sie Ratschläge aus Deutschland. Bild: dpa

taz: Frau Reski, welche Rolle hat die deutsche Politik für die Wahlen in Italien gespielt?

Petra Reski: Eine Art Vogelscheuchenfunktion. Die deutsche Politik wurde natürlich benutzt, von Berlusconi bis zur Linken. Alle haben versucht, diese deutsche Gefahr zu beschwören. Wobei hier willentlich übersehen wurde, dass das, was sie den Deutschen anlasten – also Wirtschaftsprobleme und Einsparungen –, nicht Auswirkung der deutschen, sondern natürlich der italienischen Politik der letzten 30 Jahre ist. Die Deutschen haben aber auch alles dafür getan, sich als Vogelscheuche benutzen zu lassen.

Sie spielen auf die Empfehlungen aus Deutschland an.

Ja, da hat sich keiner zurückgehalten – von Westerwelle über Merkel bis zu Martin Schulz. Diese Ratschläge aus Deutschland sind nicht ganz uneigennützig gewesen.

Wie kamen denn diese Ratschläge bei den Italienern an?

Die Italiener haben weniger antideutsche Gefühle als die Politiker, die versucht haben, das einzusetzen. Die Italiener können das ganz gut auseinanderhalten.

geboren 1958 in Unna, ist freie Journalistin und Autorin und lebt in Venedig. 2010 erschien ihr Mafia-Buch „Von Kamen nach Corleone“. Reski bloggt über Italien.

Und wie wird Angela Merkel gesehen?

Wir reden hier von den Medien. Was man aber nie vergessen darf: Die Medien spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Italiener wider. Sie spiegeln das wider, was die italienischen Parteien sich wünschen. Da sind also immer Interessen dahinter. Es gibt keine freie Berichterstattung in Italien außer im Netz und in einer unabhängigen Tageszeitung: Il Fatto Quotidiano. Man kann also eigentlich nicht erschließen, was die Italiener denken, wenn man lediglich die traditionellen Medien zu Rate zieht. Das ist leider ein großer Kurzschluss, dem auch viele deutsche Korrespondenten unterliegen.

Berlusconi kam diese antideutsche Berichterstattung aber sehr gelegen, oder?

Absolut. Er wurde ja auch weder von Merkel noch von Sarkozy ernst genommen. Das kam bei ihm natürlich nicht gut an, im Übrigen auch bei vielen Italienern nicht. Für sie ist das sehr schmerzlich, dass sie in den letzten zwanzig Jahren im Ausland belächelt wurden. Das sehen sich auch oft sehr selbstkritisch, weil sie dafür selbst verantwortlich sind. Aber in der deutschen Berichterstattung herrscht eine Fixierung auf Berlusconi. Große Teile der italienischen Wirklichkeit werden gar nicht wahrgenommen. Und wie man jetzt sieht, hat immerhin ein Viertel der Italiener weder die Linken noch Berlusconi gewählt, sondern die Bewegung „5stelle“. Und genau sie hat das Ansehen Italiens bei dieser Wahl gerettet.

Wurde Beppe Grillo aus Trotz gewählt?

Nein, das ist keine Trotzhaltung. Sie kämpfen dafür, dass sich endlich etwas in Italien ändert. Vor Berlusconi gab es Andreotti, den siebenfachen Ministerpräsidenten, der wegen der Zusammenarbeit mit der Mafia verurteilt wurde. Dann hatten wir hier Craxi und den Korruptionsskandal. Alles, was wir vor 20 Jahren in Italien hatten, war ja nicht besser.

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