In Iran inhaftierter Schwede: Tödliches Theater in Teheran

Der Iran will mit dem inhaftierten Schweden Johan Floderus wohl einen Kriegsverbrecher frei pressen. Europas Politik folgt seinem Skript.

Johan Floderus steht in Strafkleidung und Handschellen in einer Tür

Der Schwede Johan Floderus am Sonntag im Teheraner Gerichtsaal Foto: AmirAbbas Ghasemi/Mizan News Agency/ap

Wohl kaum jemand versteht das System der Islamischen Republik so gut wie jene, die darin gefangen sind. Vor wenigen Tagen zitierte der Vater von Johan Floderus gegenüber dem Guardian, was sein Sohn ihm gesagt hätte: „Das Urteil ist ihm egal, weil es keinen Unterschied macht, was sie ihm zur Last legen – es ist nur Theater, nur Schein.“ Damit hat Johan Floderus recht. Er ist nur eine Neben­figur in einem tödlichen Theater, das das iranische Regime seit mehr als 44 Jahren aufführt. Nun hat Floderus eine Anklage erhalten, auf die die Todesstrafe stehen kann. Für nichts.

Der Schwede ist seit mehr als 600 Tagen in iranischer Gefangenschaft. Der 33-jährige Diplomat ist eine Geisel der Islamischen Republik. Das Ziel des Regimes: den verurteilten Kriegsverbrecher Hamid Noury freizupressen, der im Juli 2022 in Schweden zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Noury war erwiesenermaßen an den Massenmorden der achtziger Jahre beteiligt, bei denen Tausende politischer Gefangene im Iran innerhalb weniger Wochen exekutiert wurden. Diese Massenexekutionen der Islamischen Republik gehören zu den vergessenen Menschheitsverbrechen des 20. Jahrhunderts.

In iranischen Staatsmedien läuft seit der Gefangennahme Nourys in Schweden im Jahr 2019 Propaganda über das vermeintliche Heldentum Nourys und über das „korrupte“ Schweden. Es wäre ein riesiger Propagandagewinn für das Regime, seinen „Helden“ zurückzuholen.

Die Reise von Johan Floderus in den Iran war ein ersehntes Geschenk: endlich ein Druckmittel gegen Schweden. Es ist zudem kein Zufall, dass das Urteil des Diplomaten an jenem Tag verkündet wurde, als Narges Mohammadi für ihren Widerstand gegen das Regime in Oslo den Friedensnobelpreis erhielt – in Abwesenheit, da sie im Iran im Gefängnis sitzt. Das Regime wollte mit diesem Timing zeigen, dass es die Fäden in der Hand hält – egal, wie viel Aufmerksamkeit seine Geg­ne­r*in­nen bekommen.

Die europäische Politik folgt derweil weiter dem verbrecherischen Skript des Regimes. Es ist nur noch ein Trauer­spiel.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Ausgebildet als Ärztin und Politikwissenschaftlerin, dann den Weg in den Journalismus gefunden. Beschäftigt sich mit Rassismus, Antisemitismus, Medizin und Wissenschaft, Naher Osten.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.