Handball-WM in Deutschland: Ein bisschen Frieden auf der Platte

Der Auftakt der WM beschert Nord- und Südkorea einen großen Auftritt auf der sportpolitischen Bühne. Großer Sport ist das nicht.

Ein südkoreanischer Handball wird von zwei deutschen am Wurf gehindert

Kein Durchkommen: Deutschlands Handballer erwehren sich erfolgreich gemischtkoreanischen Versuchen Foto: Imago/

BERLIN taz | Nach dem Spiel gab es noch ein Gruppenbild mit Frieden. Thomas Bach, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, ließ sich nach dem Auftaktspiel der Handball-Weltmeisterschaft in Berlin zusammen mit dem Team aus Korea ablichten. Das IOC schickte das Bild via Twitter um die Welt. Es soll die Geschichte von der friedensbringenden Kraft des Sports erzählen.

Wie beim olympischen Fraueneishockeyturnier im vergangenen Jahr war eine Mannschaft mit Spielern aus Süd- und Nordkorea aufgelaufen. Es wurde die weiß-blaue Fahne, auf der die ganze koreanische Halbinsel zu sehen ist, in die Halle getragen und statt einer Hymne erklang ein in beiden Staaten beliebtes Volkslied. „Handball ist mehr als ein Spiel“, sagte Hassan Moustafa, der Präsident der Internationalen Handballföderation, bevor Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Turnier eröffnete.

Eineinhalb Stunden später hatte die deutsche Nationalmannschaft das vollkommen überforderte Team aus Korea haushoch mit 30:19 geschlagen. Über das Spiel, in dem Bundestrainer Christian Prokop alle Spieler auf die Platte schickte und fast alle ein Tor werfen durften, gab es nicht viel zu sagen. Die einen zeigten das wenige, was sie können, die anderen mussten nicht zeigen, wozu sie in der Lage sind. Und so wurde vor allem über Emotionen gesprochen. Die Deutschen mussten zusehen, dass sie vor lauter „Stolz und Freude“ (Linksaußen Matthias Musche) beim Heimturnier vor 13.500 in der ausverkauften Halle nicht vergaßen, Handball zu spielen. Die anderen hatten sich auf die Suche nach dem Teamgeist der vereinigten Mannschaft zu begeben.

Von dem schwärmte nach dem Spiel der südkoreanische Trainer Cho Young Shin. Nach nur 20 Tagen Vorbereitungszeit hatte er tatsächlich eine echte Mannschaft gesehen. Ende Dezember war das Team nach Deutschland gekommen – 16 Südkoreaner und vier Spieler aus Nordkorea, von denen der Trainer bis zum ersten Treffen in Berlin nichts wusste. Die hatten bis dato noch kein einziges Länderspiel, aber auch die Südkoreaner sind alles andere als eine erfahrene Truppe. Auf zusammengerechnet 124 Länderspiele kam das Team bis zum WM-Beginn – ein bisschen weniger als der deutsche Rechtsaußen Patrick Groetzki alleine. Was sagt man als Trainer nach einer Partie gegen einen solchen Gegner? „Vielen Dank für das nette Spiel!“, meinte Prokop nach dem Spiel zu Cho.

Aufgeregt in der Mixed Zone

Der hatte bis zur Hälfte der ersten 30 Minuten gewartet, bis er einen Nordkoreaner eingewechselt hat. Nach einem gelungenen Anspiel an den Kreis und vielen arg übermotivierten Aktionen musste Ri Kyong Song nach fünf Minuten wieder vom Feld. Mitte der zweiten Halbzeit kam er wieder, gab wieder alles und warf sogar ein Tor.

15 Minuten lang spielen nur Südkoreaner, dann betritt Ri Kyong Song die Platte

Aufgeregt sei er gewesen, übersetzte eine Reporterin von Seoul Sports nach der Partie die Worte des Rückraumspielers. Wenn er auf dem Feld so aufgeregt war wie beim Interview danach, bei dem seine rechte Hand fortwährend an der linken herumnestelte, dann war es gewiss ein bemerkenswerter Abend im Leben des jungen Mannes. Fragen von deutschen Reportern will er nicht beantworten. Das sagt zumindest ein Betreuer, der Ri Kyong Song schnell wieder aus der Mixed Zone schiebt.

Zu ein paar Minuten Spielzeit kam noch ein anderer Nordkoreaner. Ri Song Jong durfte für eine Handvoll Angriffe die linke Seite der Koreaner besetzen. Einmal bekam er sogar den Ball und hat dabei keinen weiteren Schaden angerichtet. Die beiden anderen Männer aus dem Norden saßen 60 Minuten auf der Bank. Sie blieben die ganze Spielzeit über getrennt vom Vereinigungsteam.

Es hätte nicht zur bedeutungsschwangeren Atmosphäre gepasst, wenn Trainer Cho das thematisiert hätte. Brav lobte er die Teamarbeit von Nord und Süd. Als dann aber nach der politischen Bedeutung des Abends gefragt wurde, reagierte Cho abweisend: „Wir haben uns auf den Sport konzentriert. Mit Politik hat das nichts zu tun.“ Vielleicht ist Handball ja doch nur ein Spiel.

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