Halbzeitbilanz der Wohnungspolitik: Flaute beim Bauen und Wohnen

DGB und Mieterbund ziehen nach zwei Jahren Ampel eine traurige Bilanz: In puncto Wohnungspolitik hat die Bundesregierung wenig geliefert.

Hochhäuser im Rohbau

Eigentlich sollten 100.000 Sozialwohnungen entstehen, geschafft wurde aber nur etwa ein Viertel Foto: Monika Skolimowsla/dpa

BERLIN taz | Viel Gutes hatte Stefan Körzell am Nikolaustag nicht zu verkünden. „Das Bauen und Wohnen der Zukunft sollte bezahlbar, klimaneutral und nachhaltig gestaltet werden“, zitiert Körzell, DGB-Vorstandsmitglied, frei aus dem Koalitionsvertrag der Ampel. Mit der Realität hat das wahrlich wenig zu tun. Der Bau stockt, die Mieten steigen. Zur Ampelhalbzeit ­zogen am Mittwoch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und der Deutsche Mieterbund in Berlin nun gemeinsam Bilanz – und die fiel nicht gut aus.

Körzell begann mit einer nüchternen Bestandsaufnahme: Beim sozialen Wohnungsbau käme man kaum voran, auch beim Mietrecht werde „mehr gebremst als geklotzt“. Viele müssten 30 bis 40 Prozent ihres Einkommens für das Wohnen ausgeben und deshalb häufig „an allen Ecken und Enden sparen, nur um ihre Miete noch zahlen zu können“. 2022 konnten 5,5 Millionen Menschen laut Statistischem Bundesamt nicht ausreichend heizen.

Das Fazit von Körzell lautet daher: „Die Wohnungskrise ist ein sozialpolitischer Skandal.“ Das werde nun zunehmend auch „ein wirtschaftspolitisches Problem“. Immer mehr Arbeitgeber klagten, dass sie keine Fachkräfte finden, weil es keine bezahlbaren Wohnungen gebe. Der Bundesregierung fehle „der Mut, das Ruder rumzureißen“, kritisiert Körzell.

Um entgegenzusteuern, müsse die öffentliche Hand mehr investieren, es brauche ein kommunales preislimitiertes Vorkaufsrecht und ein konsequentes Vorgehen gegen sogenannte Share-Deals, mit denen Unternehmen die Grunderwerbsteuer umgehen. Körzell betonte zudem, dass der DGB schon immer „Gegner der Schuldenbremse“ war.

Immerhin für die Wohngeldreform gibt es Lob

Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes, versuchte es im Hinblick auf die Wohnungsnot mit den Worten des Kanzlers: „Es muss ein Wumms passieren. Ein zweifacher oder dreifacher Wumms.“ Siebenkotten richtete einen genauen Blick darauf, was die Bundesregierung im Hinblick auf Wohnungspolitik überhaupt schon umgesetzt hat. Die Wohnungsbauziele hat sie 2022 verfehlt. Statt 400.000 Wohnungen sind nur etwa 295.000 entstanden.

Besonders bitter sah es aber aus beim sozialen Wohnungsbau. Eigentlich sollten 100.000 Sozialwohnungen entstehen, geschafft wurde aber nur etwa ein Viertel. Die Bundesregierung habe zwar mehr Geld in den sozialen Wohnungsbau gesteckt. Man sei aber „weit von dem Fördervolumen entfernt, das wir tatsächlich brauchen“, kritisierte Siebenkotten. Derzeit stellt der Bund den Ländern von 2022 bis 2027 18,15 Milliarden Euro zur Verfügung.

Buschmann blockiert vielversprechende Mietrechtsnovelle

In puncto Mietenpolitik plädierte Siebenkotten für einen Mietenstopp, richtete sich aber insbesondere an Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Seit über einem Jahr blockiert Buschmann eine bereits vereinbarte Mietrechtsnovelle, um Druck beim Streitthema Vorratsdatenspeicherung aufzubauen – für Siebenkotten völlig inakzeptabel. „Kümmern Sie sich endlich drum!“, sagte er.

Die Mietrechtsnovelle be­inhaltet unter anderem die Verlängerung der Mietpreisbremse bis 2029 und die Senkung der Kappungsgrenze in angespannten Wohnlagen von 15 Prozent auf 11 Prozent. Das bedeutet, dass Mieten, die noch unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, innerhalb von drei Jahren nicht um mehr als 11 Prozent angehoben werden dürfen.

Siebenkotten bemängelte zudem, dass die sogenannte neue Wohngemeinnützigkeit noch nicht auf den Weg gebracht worden sei. Das Vorhaben soll Unternehmen steuerlich bevorteilen, die gemeinnützigen und preisgebundenen Wohnraum zur Verfügung stellen.

Immerhin einen Punkt konnte Siebenkotten loben: die umgesetzte Wohngeldreform. Doch das hatte nur wenig Einfluss auf die Gesamtbewertung. Nach einer Note für die Bundesregierung gefragt, antwortete Siebenkotten: „Noch ausreichend, aber mit Tendenz zu ‚mangelhaft‘.“

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