Greenpeace fordert AKW-Abschaltung: Terrorgefahr wegen Drohnenflügen
Drohnen überfliegen französische Atomkraftwerke. Wer steckt dahinter? Experten von Greenpeace sehen eine Terrorgefahr und spielen Szenarien durch.
PARIS dpa | Die Umweltorganisation Greenpeace hat wegen Terrorgefahr eine vorübergehende Abschaltung der französischen Atomkraftwerke in Cattenom und Fessenheim gefordert. Hintergrund ist eine Serie von rund 30 ungeklärten Flügen über Nuklearanlagen. „Die überalterten Atomanlagen müssen abgeschaltet werden, bis die Hintergründe der Drohnenüberflüge geklärt sind“, heißt es in einer Mitteilung vom Dienstag.
„Die Anlagen sind absolut unzureichend gegen Angriffe gesichert“, kritisierte Greenpeace-Atomexperte Heinz Smital. Eine aktuelle Studie belege die ernsthafte Gefährdung der Sicherheit in Frankreich, Deutschland und anderen europäischen Ländern.
Die französischen Nuklearanlagen sind auf 19 Standorte verteilt. In den vergangenen Wochen wurden dort rund 30 Drohnen gesichtet. Es ist verboten, Atomanlagen zu überfliegen. Als Konsequenz soll nach unbestätigten Informationen französischer Stellen bereits „eine Reihe technischer Geräte“ wie Militärradar installiert worden sein.
Greenpeace nennt die Vorfälle besorgniserregend. „Es ist offensichtlich, dass die Sicherheitsbehörden diese Flüge weder aufklären noch verhindern können“, sagte Smital.
Während einer Anhörung der französischen Nationalversammlung wies auch der britische Atomexperte John Large am Montagabend in Paris auf die selbst von der Atomaufsicht ASN festgestellten Mängel der Kraftwerke hin. Laut Large, dessen umfassendere Studie für Greenpeace Frankreich aus Sicherheitsgründen nicht veröffentlicht wurde, sind „französische Atomkraftwerke verwundbar durch Angriffe mit Drohnen“.
Für die deutsche Greenpeace-Studie hat die Diplom-Physikerin Oda Becker aus Hannover die Anfälligkeit der veralteten grenznahen Mailer Cattenom und Fessenheim sowie des größten Atomkraftwerks des Landes in Gravelines untersucht. Drei Szenarien – ein Angriff von Betriebsangehörigen, per Hubschrauber oder mit Drohnen – wurden dafür durchgespielt.
Im schlimmsten Fall drohe in den angegriffenen Reaktoren „ein nicht mehr beherrschbarer Kühlmittelverlust und damit ein Kernschmelzunfall“, heißt es. Bei der „gefährlichsten und folgenschwersten Variante“ – einer offenen Schutzhülle nach einem Anschlag – wird nach Berechnungen der Wissenschaftlerin radioaktives Material nicht nur in Frankreich, Deutschland oder Belgien, sondern je nach Wetterlage über Europa bis nach Schweden verteilt.
Leser*innenkommentare
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Gast
Greenpeace kann da auf eigene Erfahrungen zurückgreifen.
Wie oft waren denn GP-Campaigner schon auf AKW-Gelände?
Leo Ari
Ich will Frau Becker ja nicht ihren Job erklären, aber mein gesunder Menschenverstand im Bereich der Kinetik sagt mir, dass eine zivile Drohne (früher auch ferngesteuertes/r Modelflugzeug/Helicopter genannt) mit einem Gewicht von bestenfalls ein paar Kilogramm es nicht schaffen wird, einen Reaktorblock zu durchschlagen.
Beim Lesen des Artikels bekommt man ohnehin Eindruck, diese Greenpeacestudie befasst sich lediglich mit den generellen Gefahren einen Störfalls.