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Zitat: „Hier wird das ganze Dilemma der deutschen Politik sichtbar: Tausende jemenitischer Zivilisten, die seit März 2015 Opfer des von Saudi-Arabien geführten Krieges gegen die Houthis wurden, haben die Bundesregierung nicht zu einem völligen Stopp aller Waffenlieferungen veranlasst. Jetzt soll dieser Schritt aufgrund der willkürlichen, brutalen Ermordung eines einzelnen Journalisten vollzogen werden.“
Genau so. Und das ist auch verdammt erklärlich. Die Bundesregierung muss schließlich den schönen Schein wahren. Eine schlechte Presse kann sie nicht gebrauchen, weil sie wiedergewählt werden will. Die bundesdeutsche Gesellschaft aber bezieht ihre Meinung über die Medien. Aus der Presse etwa, aber jedenfalls nicht aus dem eigenen Kopf. Und der Presse ist genreübergreifend ein einzelner ermordeter saudischer Journalist nun einmal deutlich näher als ein paar Tausend jemenitische Zivilisten ohne Presseausweis, weswegen der ermordete Journalist auch skandalisiert wird, die ermordeten Zivilisten hingegen nicht.
Ja, “Vorsicht ist angebracht“. Der Journalist, schließlich, wird demnächst wieder vergessen sein. Der nächste Skandal kommt ganz gewiss. Spätestens, wenn Donald Trump willkürlich eine Akkreditierung entzieht, teilt Jamal Khashoggi (wieder) das Schicksal tausender namenloser jemenitischer Zivilisten. Dann wird „derzeit“ vorüber sein und „die Voraussetzungen für positive Genehmigungsentscheidungen“ sind wieder gegeben, Verfassung hin oder her. Papier, ist schließlich überaus geduldig und Leute ohne zwingende Moral müssen rein gar nichts müssen.
Sehr viel mehr „Klarheit“ kann kein Sprecher der Bundesregierung in einer Bundespressekonferenz schaffen, egal wie sehr er sich bemüht. Nein, ein Dilemma ist das nicht, worin „die Politik“ und „die Medien“ da gemeinsam stecken. Den Ausweg gibt es schon. Er kommt bloß nicht in Frage nach Ansicht der „Entscheidungsträger“.
Die Parteien der Mitte meinen, mit empathischer Kümmerergeste „das Ossi“ für sich gewinnen zu können. Sie sollten sie lieber zum Mitwirken auffordern.
Gastkommentar Rüstung Saudi-Arabien: Richtiger Schritt aus falschem Anlass
Dass die Bundesregierung die Ausfuhr von Rüstungsgütern nach Saudi-Arabien stoppt, ist richtig. Nur die Begründung dafür ist falsch.
Soll nicht mehr exportiert werden: Küstenschutzboote für Saudi-Arabien Foto: dpa
Endlich, möchte an meinen. Die Bundesregierung stoppt die Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien. Es wird keine neuen Exportgenehmigungen mehr geben und wichtiger noch: Bereits erteilte Einzelausfuhrgenehmigungen sollen nicht weiter genutzt werden. Die erst vor wenigen Monaten genehmigten Artillerieortungsradare sollen ebensowenig ausgeliefert werden wie bereits gebaute Patrouillenboote der Firma Lürssen.
Zugleich ist Vorsicht ist angebracht. Außenminister Maaß sprach kürzlich davon, „derzeit“ seien die Voraussetzungen für positive Genehmigungsentscheidungen nicht gegeben und in der Bundespressekonferenz bemühten sich die Sprecher der Bundesregierung redlich, nur ja keine Klarheit zu schaffen, wie man mit bestehenden Exportgenehmigungen und den betroffenen Firmen umgehe. Darauf könne man aus „verfassungsrechtlichen Gründen“ nicht „naher eingehen“.
Anlass für das Umdenken der Bundesregierung ist erklärtermaßen vor allem die Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi in Istanbul. Saudi-Arabien soll reinen Tisch machen, die Tat nachvollziehbar erklären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. Und dann, so fragt man sich, gibt es auch wieder deutsche Rüstungsgüter?
Hier wird das ganze Dilemma der deutschen Politik sichtbar: Tausende jemenitischer Zivilisten, die seit März 2015 Opfer des von Saudi-Arabien geführten Krieges gegen die Houthis wurden, haben die Bundesregierung nicht zu einem völligen Stopp aller Waffenlieferungen veranlasst. Jetzt soll dieser Schritt aufgrund der willkürlichen, brutalen Ermordung eines einzelnen Journalisten vollzogen werden.
Das damit verbundene politische Signal ist fatal: Riad muss die Causa Khashoggi bereinigen und nicht den Krieg im Jemen beenden, wenn es wieder deutsche Rüstungsgüter kaufen will. Dieser Eindruck wird auch dadurch verstärkt, dass die Bundesregierung gegen das zweite Land, das im Jemen direkt Krieg führt, die Vereinigten Arabischen Emirate, keinen vollständigen Lieferstopp verhängt.
Das Verdikt bezieht sich nach Angaben des Wirtschaftsministeriums zudem nur auf Einzelausfuhrgenehmigungen. Zulieferungen deutscher Firmen für große, internationale Waffenprojekte wie den Eurofighter, die per Sammelausfuhrgenehmigung erlaubt wurden, sind scheinbar nicht betroffen. Hier strebt die Bundesregierung lediglich eine gemeinsame Haltung in der Europäischen Union an. Die aber dürfte es kaum oder auch nur vorübergehend geben.
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Kommentar von
Otfried Nassauer
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