Die Wahrheit: Handwerker und Explosionen

Auf den keltischen Inseln kann sich jeder als Handwerker betätigen und zum Beispiel an Gasleitungen herumsägen - mit verheerenden Folgen ...

Auf den keltischen Inseln – früher auch als „britische Inseln“ bekannt – leben Männer, Frauen und Handwerker. Letztere Gruppe bekam während des Wirtschaftsbooms erheblichen Zuwachs. Weil Elektriker, Klempner und Co. damals sehr gefragt waren und sich wie Herzchirurgen bezahlen ließen, wurde plötzlich jeder zum Handwerker, der einen Nagel halbwegs gerade in die Wand schlagen konnte. Das rächte sich oft mit fatalen Folgen.

Vor acht Tagen flog ein Haus in Nottinghamshire in die Luft. Nicholas Rourke und seine Schwiegertochter kamen dabei ums Leben. „Herr Rourkes Leiche wurde im Keller gefunden, Frau Rourkes Leiche wurde am Montagmorgen gefunden“, schrieb der Daily Telegraph. Hundert Nachbarhäuser mussten evakuiert werden, es sah aus wie nach einem Bombenangriff, berichtete ein Augenzeuge. Offenbar hatte der 71-jährige Rourke in grenzenloser Überschätzung seiner handwerklichen Fähigkeiten neue Heizkörper an die Gasheizung angeschlossen.

Glimpflicher kamen Martyn und Teresa Moody davon. Sie hatten sich die Küche ihres Luxusbungalows in der englischen Grafschaft Lincolnshire zu einem Esszimmer umbauen lassen. Weil sie deshalb die Gasleitungen nicht mehr benötigten, schnitt Handwerker Daniel Hicking sie einfach unter dem Fußboden ab und versiegelte sie. Dabei durchlöcherte er das Rohr versehentlich. Da er den vorgeschriebenen Test nicht durchführte, blieb das unbemerkt.

Die Moodys nahmen ein paar Stunden später starken Gasgeruch wahr. Unglücklicherweise ist Martyn Moody, ein Bauunternehmer, genauso inkompetent wie sein Handwerker. Weil Hicking offenbar auch bei der Elektrik gepfuscht hatte, funktionierte in einem Zimmer das Licht nicht. So zündete Moody bei der Suche nach dem Gasleck sein Feuerzeug an. Es war, als ob „ein Flugzeug ins Haus gekracht“ sei, sagte er, als er wieder bei Bewusstsein war. Durch die Explosion wurde das gesamte Gebäude um ein paar Zentimeter nach Osten versetzt. Die Fenster und die Eingangstür landeten in der Nachbargrafschaft. Die Überreste des Hauses mussten abgerissen werden.

Vor Gericht stellte sich vorige Woche heraus, dass Hicking für Gasinstallationen weder eine Ausbildung noch eine Zulassung hatte. Er sagte zu seiner Verteidigung, er habe gar nicht gewusst, dass es sich bei dem Rohr, das er abgesägt hatte, um eine Gasleitung gehandelt habe.

Manchmal liegt es aber gar nicht an stümperhaften Handwerkern, wenn ein Haus in die Luft fliegt. Anthony Partington hatte sich mit seiner Freundin gestritten, die daraufhin mit den gemeinsamen Kindern zur Schwester zog. Partington sägte die Gasleitungen an, offenbar wollte er sich umbringen. Doch das Gas explodierte und zerstörte zwölf Häuser. Partington überlebte, aber ein zweijähriger Nachbarsjunge kam ums Leben. Nun ist Partington wegen Totschlags angeklagt. Er hätte Hicking anheuern sollen. Der hätte den Job gründlich erledigt und wäre zum Wohle der keltischen Inseln für längere Zeit aus dem Verkehr gezogen worden.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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