Deutsche Reaktionen auf Trumps Aussage: Empörung über den Kandidaten

Die demokratischen Parteien in Deutschland sind sich in ihrer Ablehnung einig. Doch was heißt das für die Zukunft? Findet die Münchner SiKo Antworten?

Olaf Scholz gestikuliert bei einer Rede am Montagabend

Höhere Verteidigungsausgaben und wiederholtes Schutzversprechen: Olaf Scholz versuchte am Montagabend Zuversicht auszustrahlen

BERLIN taz | Die Reaktionen der deutschen Politik auf die Wahlkampfäußerungen Donald Trumps zur Nato fallen weitgehend einhellig aus. Am Montagabend kritisierte Bundeskanzler Scholz, Aussagen wie jene Trumps seien „einzig und allein im Sinne Russlands“. Das Schutzversprechen der Nato gelte „uneingeschränkt: alle für einen, einer für alle“, bekräftigte der Kanzler.

Scholz bekräftigte in diesem Zusammenhang, Deutschland werde im laufenden Jahr 2 Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben – und werde dies „für alle Zeit tun“. Die entsprechenden Entscheidungen seien nach seiner „Zeitenwende“-Rede am 27. Februar 2022 getroffen worden.

Auch Bundespräsident Steinmeier verurteilte die Aussagen, die „Russland in die Hände“ spielten. Zugleich appellierte er an die Europäer, nicht so zu tun, als sei die Wahl in den USA schon entschieden.

Unabhängig vom Wahlausgang sei allerdings „völlig klar, dass wir in Europa, auch wir in Deutschland unseren Teil dazu beitragen müssen, die Verteidigungsanstrengungen innerhalb der Nato systematisch in den nächsten Jahren zu erhöhen“, sagte Steinmeier in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem zyprischen Präsidenten Nikos Christodoulidis.

Ablehnung von Linke bis CDU

Trumps „irrlichternde Äußerungen“ bewiesen erneut, „wie unberechenbar, skrupellos und unzuverlässig er ist“, sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete Michael Georg Link, Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, dem Tagesspiegel. Umso wichtiger sei es, „dass sich EU und Nato auf alle möglichen Szenarien vorbereiten und alles tun, um EU und Nato handlungsfähiger und wettbewerbsfähiger zu machen“.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Roth, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, bezeichnete Trumps Drohung als Weckruf: „Viele Nato-Mitgliedstaaten, auch Deutschland, müssen sich zu Recht vorwerfen lassen, ihren Nato-Verpflichtungen lange Jahre nicht angemessen nachgekommen zu sein“, sagte Roth dem Tagesspiegel. Deshalb müsse „gerade Deutschland mit gutem Beispiel vorangehen und deutlich mehr in Wehrhaftigkeit zu investieren“.

Ein Wahlsieg Trumps bei der US-Präsidentschaftswahl im Herbst würde die Nato in eine existenzielle Krise stürzen, warnte der CDU-Bundestagsabgeordnete Norbert Röttgen. Deutschland müsse „verstehen, dass wir schon bald gar keine andere Wahl mehr haben könnten, als uns selbst zu verteidigen, und das in einer Zeit, in der in Europa Krieg herrscht“, sagte er der Bild-Zeitung. „Wir müssen das als Europäer schaffen, weil alles andere eine Kapitulation vor Putin wäre“, so Röttgen.

Die „erratischen Aussagen“ von Trump im US-Wahlkampf müsse man „leider ernst nehmen, weil er sich in der Vergangenheit schon als ein unberechenbarer Politiker präsentiert hat“, sagte der Linken-Vorsitzende Martin Schirdewan am Montag in Berlin. „Wir können davon ausgehen, dass Donald Trump ein Sicherheitsrisiko für die Weltgemeinschaft darstellt.“ Trumps Forderungen liefen auf ein immer stärkeres Wettrüsten hinaus. Eine Hochrüstung Deutschlands und der EU wäre jedoch die falsche Antwort, so Schirdewan. Denn das würde „die Welt nicht sicherer machen“.

Thema auf der Sicherheitskonferenz

Auch Christoph Heusgen, der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz (MSK), bezeichnete Trumps Aussagen als „erratisch“. Allerdings hätten sie ihn nicht überrascht. „Er ist so, wie er ist“, so Heusgen. Bereits kurz nach seinem Amtsantritt 2017 habe der damalige US-Präsident die Alliierten „gemahnt, ihre Hausaufgaben zu machen“. Das habe er „jetzt auf die ihm eigene Art noch mal betont“. Auf der am Freitag beginnenden MSC werde das natürlich auch ein Thema sein. „Wir müssen uns auf alle Eventualitäten vorbereiten“, mahnte der Diplomat.

Zu der 60. Münchner Sicherheitskonferenz werden am kommenden Wochenende rund 180 Staats- und Re­gie­rungs­che­f:in­nen sowie Mi­nis­te­r:in­nen aus aller Welt in der bayerischen Landeshauptstadt erwartet. Aus den USA wollen Vizepräsidentin Kamala Harris, Außenminister Tony Blinken und eine große Delegation von Kongressabgeordneten anreisen.

Eingeladen ist auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. „Und es ist auch nicht ausgeschlossen, dass er kommt“, sagte Heusgen. Der Ukrainekrieg wird, wie könnte es anders sein, einer der Schwerpunkte des dreitägigen Events im Bayerischen Hof sein. Aus Russland sind hingegen keine Offiziellen eingeladen worden.

Wenn Wladimir Putin sich irgendwann mal dazu durchringen würde, die ukrainische Regierung anzuerkennen, dann würde es auch wieder eine Basis geben, russische Ver­tre­te­r:in­nen einzuladen, sagte Heusgen. Bevor nicht Putin Selenskyj als Vertreter der Ukraine anerkennt, könne er nicht sehen, dass es „wirklich substanzielle Verhandlungen geben wird“.

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