Kommentar von Eric Bonse zu Le Pens Bruch mit ihren deutschen Freunden
: Au revoir, AfD

Fast klingt es wie eine gute Nachricht: Frankreichs Nationalistenführerin Marine Le Pen distanziert sich vom deutschen Spitzenkandidaten Maximilian Krah und bricht mit der AfD. Das macht Hoffnung. Denn bei der Europawahl in drei Wochen zeichnet sich ein massiver Rechtsruck ab. Ob in Italien, Schweden, den Niederlanden und zuletzt in Kroatien – in vielen EU-Ländern sind Rechtspopulisten und Nationalisten auf dem Vormarsch. Die Umfragen für den 9. Juni lassen kaum Besserung erwarten.

Nach der Wahl werde man nicht mehr in einer gemeinsamen Fraktion zusammenarbeiten, heißt es am Mittwoch in Paris in Richtung AfD. Doch für Entwarnung ist es zu früh. Le Pens Entscheidung macht Europas Rechte nicht schwächer, auch wenn sie den Zusammenhalt der rechtsradikalen ID-Fraktion (Identitäre und Demokratie) im Europaparlament gefährdet. Denn diese Fraktion bestand ohnehin nur auf dem Papier. Und der Bruch ist vor allem innenpolitisch motiviert.

Le Pen will sich mit Blick auf Europa, vor allem aber für die Präsidentschaftswahl 2027 in Frankreich ein gemäßigtes Image geben. Rassistische und revisionistische Sprüche à la Krah passen nicht zu dieser Strategie. Le Pen hat Ballast abgeworfen, c’est tout. Auch der AfD geht es vor allem um Schadensbegrenzung. Mit dem nun verhängten Auftrittsverbot für Krah wollen die deutschen Rechtspopulisten aus den Negativschlagzeilen herauskommen und darüber hinwegtäuschen, wie isoliert sie in Europa mittlerweile sind. Eine Wende im Wahlkampf bedeutet das alles aber nicht. Die AfD spielte schon bisher keine große Rolle. Krah war ein Einzelkämpfer; wenn er nun in der Versenkung verschwindet, fällt es in Brüssel kaum auf.

Die Musik spielt anderswo – in Paris, Rom und Madrid. In der spanischen Hauptstadt hielten die Rechten am vergangenen Wochenende ein großes Meeting ab, bei dem der argentinische Präsident Javier Milei gefeiert wurde. Le Pen war dabei, Italiens postfaschistische Regierungschefin Giorgia Meloni ließ sich per Video zuschalten. Das Treffen löste einen diplomatischen Eklat aus, weil Milei den sozialistischen Premier Pedro Sánchez und seine Frau beleidigte. Es zeigte aber auch, dass sich die europäische Rechte neu formiert. Sie versucht, außenpolitisch anschlussfähig zu werden – und sich innenpolitisch zu normalisieren.

Nicht raus aus der EU, sondern die Union von innen umkrempeln, heißt die neue Devise. Das macht Europas Rechte nicht weniger gefährlich – eher im Gegenteil. In der Asyl- und Flüchtlingspolitik zeigt sich das schon jetzt. Denn da hat die EU die rechten Parolen weitgehend übernommen.

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