Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen: Ärz­t*in­nen diskutieren § 218

Auf dem Ärztetag gibt es mehrere Anträge zum Thema Abtreibungen. Die einen wollen am Verbot festhalten, die anderen fordern eine rasche Legalisierung.

In einem vollen Saal spricht Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf einem Podium die Eröffnungsrede zum 128. Deutschen Ärztetag

Deutscher Ärztetag in Mainz: Zum Auftakt sprach am Dienstag Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Foto: Lando Hass/dpa

BERLIN taz | Die aktuelle Debatte um eine mögliche Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen beschäftigt auch die deutsche Ärzt*innenschaft. Bis Freitag noch tagt in Mainz der 128. Deutsche Ärztetag. Und gleich mehrere Anträge befassen sich mit den jüngsten Empfehlungen einer Regierungskommission, Abbrüche mindestens in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft nicht mehr zu kriminalisieren.

Die Meinungen gehen dabei weit auseinander. So fordert ein Abgeordneter der Ärztekammer Niedersachsen, der Vorstand der Bundesärztekammer möge „mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln vehement gegen eine Veränderung des § 218 Strafgesetzbuch (StGB)“ vorgehen. Eine „Abstufung des Lebensrechtes ungeborenen Lebens“ sei „unzulässig und sollte von der Ärzteschaft eindeutig abgelehnt werden“, heißt es in dem Antrag.

Der Paragraf 218 im Strafgesetzbuch regelt derzeit, dass ein Schwangerschaftsabbruch in Deutschland grundsätzlich verboten, unter bestimmten Bedingungen aber straffrei ist. Nämlich dann, wenn er in den ersten 12 Wochen nach Befruchtung vorgenommen wird, die Schwangere zuvor eine staatlich anerkannte Beratungsstelle besucht hat und danach eine Wartefrist von drei Tagen verstreichen lässt.

Ein weiterer Antrag von 15 Abgeordneten, drei davon aus dem Vorstand der Bundesärztekammer, fordert etwas weicher, diese „im Rahmen der Beratungsregelung geltende Fristenlösung“ beizubehalten – aber auch jene Ärzt*innen, die Abbrüche durchführen, „wirksam vor Drangsalierungen, Bedrohungen und Angriffen“ zu schützen.

„Kriminalisierung beenden“

Die An­trag­stel­le­r*in­nen fordern von den politisch Verantwortlichen, die Debatte um Schwangerschaftsabbrüche „mit Augenmaß zu führen und die Ärzteschaft eng in die Diskussion einzubeziehen“. Ausgangspunkt aller Reformüberlegungen müsse sein, „sowohl das Recht der Frauen auf reproduktive Selbstbestimmung als auch das Recht des Ungeborenen auf Leben zu beachten.“

Demgegenüber fordert ein Antrag von 29 Abgeordneten die Bundesregierung auf, die Empfehlungen der Regierungskommission „noch in dieser Legislaturperiode umzusetzen, um die Kriminalisierung von Betroffenen und durchführenden Ärztinnen und Ärzten zu beenden“.

In einigen Regionen Deutschlands gebe es erhebliche Versorgungsprobleme, heißt es in dem Antrag. „Die bestehende Kriminalisierung führt zu Verunsicherung von Ärztinnen und Ärzten sowie zu Weiterbildungslücken.“ Durch eine Entkriminalisierung von Abbrüchen in den ersten 12 Wochen der Schwangerschaft sollten „die Bedingungen für die Durchführenden und die Versorgungssituation der Betroffenen verbessert werden“.

„Wir haben jetzt ein Zeitfenster, um aus der Ärz­t*in­nen­schaft heraus ein Zeichen zu setzen und zu sagen: Die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt Stefanie Minkley, Abgeordnete der Landesärztekammer Hessen und Initiatorin des Antrags. „Ich hoffe, dass der Deutsche Ärztetag einen zeitgemäßen Beschluss fasst, um die Rechte der Frauen und der durchführenden Ärz­t*in­nen zu schützen.“

Frauenrechte in Zeiten des Rechtsrucks

Für eine Entkriminalisierung im ersten Schwangerschaftsdrittel gebe es „einen großen gesellschaftlichen Konsens, auch unter Mediziner*innen“, so Minkley, die auch Mitglied im Vorstand der hessischen SPD ist. Trotzdem scheuten viele die Debatte – auch aus Sorge, dass ein entsprechender Antrag abgelehnt werde. „Diese Gefahr besteht natürlich. Der Deutsche Ärztetag ist in seiner Zusammensetzung männlicher und älter als die Ärz­t*in­nen­schaft in Deutschland“, sagt Minkley.

Dennoch sei jetzt die Zeit, einen solchen Antrag zu stellen, und die Debatte nicht aufs kommende Jahr zu vertagen, wie es ein weiterer Antrag fordert. „Die Gelegenheit für Veränderung ist jetzt. In der nächsten Legislatur haben wir vielleicht andere politische Mehrheiten“, sagt Minkley.

„Der deutsche Ärztetag hat gerade erst eine Resolution gegen rechts und für Demokratie verabschiedet. Gerade in Zeiten des Rechtsrucks gehört dazu auch, die Rechte von Frauen zu stärken“, so Minkley. Ob die verschiedenen Anträge am Freitag tatsächlich auf dem Ärztetag aufgerufen werden, ist aufgrund des straffen Zeitplans und der Fülle von Anträgen noch nicht sicher.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.