Sacharow- und Nobelpreis für Iranerinnen: Schlag ins Gesicht der Mullahs

In Europa gehen wichtige Würdigungen an Narges Mohammadi und die Familie von Jina Mahsa Amini. Die Angst der Mullahs zeigt den Wert dieser Preise.

Ein Foto von Narges Mohammadi bei der Preisverleihung. Davor ihre Kinder Ali und Kiani Rahmani

In Abwesenheit geehrt: Narges Mohammadi. Davor ihre Kinder Ali und Kiani Rahmani Foto:

Am diesjährigen Tag der Menschenrechte wird der Friedensnobelpreis in Oslo verliehen. Doch die Preisträgerin Narges Mohammadi kann die Auszeichnung nicht persönlich in Empfang nehmen, sie befindet sich im berüchtigten Evin-Gefängnis von Teheran. Dort tritt sie in einen eintägigen Hungerstreik.

Sie schließt sich damit ihren Mitinsassinnen Fariba Kamalabadi und Mahvash Sabet an, zwei Angehörigen der religiösen Minderheit der Baha’i. Deren An­hän­ge­r*in­nen erleben aktuell wieder eine heftigere Verfolgungswelle durch das Regime. Dass Mohammadi an diesem Tag erneut ihre Gesundheit riskiert, um auf Missstände hinzuweisen, bestätigt, dass ihr der Friedensnobelpreis 2023 zu Recht verliehen wurde.

Doch nicht nur Narges Mohammadi wird dieser Tage geehrt. Der Sacharow-Preis des Europäischen Parlaments soll in diesem Jahr an Jina Mahsa Amini und die „Frau, Leben, Freiheit“-Bewegung in Iran gehen. Die junge Kurdin wurde im September 2022 von der iranischen Sittenpolizei wegen eines angeblich falsch sitzenden Kopftuchs zu Tode geprügelt. Damit löste sie die größte Protestbewegung im Land unter dem Motto „Frau, Leben, Freiheit“ aus.

Ihre Familie sollte den Preis nun stellvertretend für sie in Empfang nehmen. Doch trotz gültiger Visa wurde ihnen von den Machthabern Irans die Ausreise nach Frankreich verwehrt. An ihrer Stelle soll der Anwalt Saleh Nikbacht den Preis in Empfang nehmen, der in Frankreich lebt.

Die Islamische Republik zeigt damit erneut, wie sehr sie solche Preise für die iranische Zivilgesellschaft fürchtet. Die Würdigungen sind also nicht nur Symbolik, wie Kritiker behaupten. Sie sind eine konkrete Unterstützung des Freiheitskampfes der Menschen, eine Bestätigung für den Mut – und ein Schlag ins Gesicht der Mullahs.

Während sich Mohammadi an ihrem „großen Tag“ im Gefängnis im Hungerstreik befindet und Aminis Familie nicht ausreisen darf, um die Ehrung ihrer ermordeten Tochter in Empfang zu nehmen, sitzen die Vertreter der Islamischen Republik in wichtigen UN-Gremien, sitzen dem UN-Sozialforum vor und reisen derzeit nach Genf, um am Flüchtlingsforum der UNHCR teilzunehmen. Absurder geht es wohl kaum.

Mit dem Friedensnobelpreis und dem Sacharow-Preis gehen in diesem Jahr zwei der höchsten politischen Auszeichnungen an die Menschen in Iran. Ihr Kampf wird gesehen und gewürdigt. Nun ist es an der Zeit, dass auch westliche Regierungen diesen Kampf würdigen und ihre Unterstützung für die Machthaber der Islamischen Republik beenden und sich damit endlich auf die Seite der Zivilgesellschaft stellen.

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