Gipfeltreffen von Japan und Südkorea: Auf Kosten der Frauen

Die Vergangenheit ruhen lassen? Das ist ein großzügiges Angebot Südkoreas. Leider hat Japan bislang keine Reue über seine Kolonialverbrechen gezeigt.

Vier Menschen an einem Konferenztisch schauen in die Kamera

Präsident Yoon Suk Yeol (l.) und Premierminister Fumio Kishida in Begleitung der Ehefrauen bei ihrem Treffen in Tokio Foto: Kyodo/reuters

Angesichts nordkoreanischer Raketentests und Chinas Machtstreben ist das Treffen zwischen Japan und Südkorea erst einmal positiv zu bewerten. Am Donnerstag kündigten der japanische Premierminister Fumio Kishida und der südkoreanische Präsident Yoon Suk Yeol an, den Sicherheitsdialog wieder aufzunehmen und auch wirtschaftliche Beziehungen anzukurbeln.

Dass diese Annäherung möglich war, ist dem großzügigen Schritt Südkoreas zu verdanken. Anfang März hatte Yoon erklärt, dass es für beide Länder an der Zeit sei, die Geschichte hinter sich zu lassen. So habe Japan „tiefe Reue und aufrichtige Entschuldigung in Bezug auf seine vergangene Kolonialherrschaft“ gezeigt.

Für Japan ist das ein Jackpot. Kishidas Umfragewerte kletterten höher, auch die USA begrüßten die Annäherung. Aber zeigt Japan wirklich Reue? Und hat das für Yoon überhaupt Relevanz? Vermutlich nicht.

Reue zeigen Länder, indem sie Betroffene entschädigen und sich aufrichtig entschuldigen. Sie bauen Museen und Mahnmale, nehmen die Aufarbeitung von Kolonialverbrechen ins Schulprogramm auf. Nichts dergleichen ist in Japan der Fall. Japanische Kriegsverbrechen verschwinden aus Lehrbüchern, das einzige im Land vorhandene „Museum“ zu Trostfrauen wird von einer gemeinnützigen Organisation betrieben – es besteht aus einem Raum im zweiten Stock eines Gebäudes in Tokio. Für Yoon spielt all das vermutlich keine Rolle: Er hat im Wahlkampf dem Feminismus den Krieg erklärt und ist nicht gerade bekannt dafür, sich für Frauenrechte einzusetzen.

Und dennoch täte Japan gut daran, sich nicht auf der Großzügigkeit Südkoreas auszuruhen. Jetzt, wo Yoon einen Schritt auf Kishida zugeht – und sei es, weil er derzeit in einer Sicherheitsnotlage steckt –, wäre auch ein Annäherungsschritt Japans längst fällig. Nicht nur aus menschlichen, sondern auch aus vorausschauenden Gründen: Denn sobald sich die Lage entspannt, werden Japans Kolonialverbrechen wieder auf der südkoreanischen Tagesordnung stehen.

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In Tokyo und Hamburg aufgewachsen, Auslandsjahr in Shanghai. Studium in Berlin, Chongqing und Halle. Schreibt seit 2021 für die taz. Kolumnistin des feministischen Magazins an.schläge (Foto: Hella Wittenberg)

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