+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Polen fahndet nach Flugobjekt

Warschau übergibt an den russischen Botschafter eine Protestnote wegen Verletzung des polnischen Luftraums. Derweil gehen die Angriffe auf die Ukraine weiter.

Gebüudetrümmer, dahinter die goldene Kuppel einer orthodoxen Kirche

Trümmer eines Hauses in Odessa nach Raketenbeschuss Foto: dpa

480 Soldaten an Suche beteiligt

Polen sucht weiter nach Teilen eines vermeintlich russischen Flugobjekts, wie die polnische Armee mitteilt. In der Woidwodschaft Lublin finde eine Suche am Boden statt, die nach möglichen Teilen des Objekts Ausschau halte, das am Freitag polnischen Luftraum verletzt habe, schreibt die Einsatzleitung der polnischen Armee auf der Plattform X.

An der Suche in der Nähe der Stadt Zamsosc im Südosten Polens beteiligten sich rund 480 Soldaten. „Das Ziel der Suche ist es, definitiv zu bestätigen, dass sich kein Element des Objekts auf polnischem Territorium befindet.“ Die Suche solle bis zum Abend andauern, sagte ein Armeesprecher. Nach Angaben des polnischen Generalstabs hatte das Objekt am Freitagmorgen knapp drei Minuten lang polnisches Gebiet überflogen.

Wegen der vom polnischen Militär festgestellten Verletzung des polnischen Luftraums durch die russische Rakete hat das Außenministerium in Warschau am Freitagabend den Geschäftsträger der russischen Botschaft vorgeladen und ihm eine Protestnote übergeben. Wie das Ministerium mitteilte, wird Russland in der Protestnote zu einer „Erklärung des Vorfalls der Luftraumverletzung und der sofortigen Einstellung solcher Aktivitäten aufgefordert“. (rtr/dpa)

US-Experten warnen vor weiteren russischen Luftschlägen

Nach den beispiellosen russischen Luftschlägen gegen die Ukraine mit vielen Toten haben US-Experten vor weiteren heftigen Angriffen gewarnt. „Russland wird weiter großangelegte Angriffe gegen die Ukraine durchführen, um die ukrainische Moral sowie die Fähigkeit der Ukraine, ihre Kriegsanstrengungen gegen Russland aufrechtzuerhalten, zu schwächen“, heißt es im täglichen Bericht des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) vom Freitagabend.

Zugleich betonten die Analysten, dass Russland nach fast zwei Jahren Angriffskrieg angesichts seiner Reserven und Produktionskapazitäten nicht in der Lage sein dürfte, regelmäßig in großem Umfang mit Raketen angreifen zu können, aber beständiger mit Drohnen.

Zur Vorbereitung auf den verheerenden Beschuss hatten die Russen laut ISW-Analyse zuvor monatelang mit verschiedenen Kombinationen von Drohnen und Raketen experimentiert, um Schwachstellen des ukrainischen Luftverteidigungssystems herauszufinden. (dpa)

Ukraine erneut aus der Luft attackiert

Eine Nacht nach dem schwersten Bombardement seit Kriegsbeginn hat Russland die Ukraine erneut aus der Luft angegriffen. In den südlichen Gebieten bis nach Westen herrschte in der Nacht zum Samstag Luftalarm. Die ukrainische Luftwaffe meldete russische Kampfdrohnen, die mit mehrfachen Richtungswechseln über das Land flogen. (dpa)

Russischer UN-Botschafter weist Verantwortung zurück

In einer eilig einberufenen Sitzung des UN-Sicherheitsrats verurteilen die meisten Ratsmitglieder, darunter die Vereinigten Staaten, Frankreich und Großbritannien, die groß angelegten russischen Luftangriffen auf die Ukraine. Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja erklärt, Moskau habe nur militärische Infrastrukturen angegriffen, die ukrainischen Luftabwehrsysteme seien für die zivilen Opfer verantwortlich. (rtr)

DFG-VK fordert Schutz von Kriegsdienstverweigerern

Ein traditionsreicher Verband von Pazifisten und Wehrpflichtgegnern hat die Bundesregierung zum Schutz ukrainischer Kriegsdienstverweigerer aufgerufen. Solange die Ukraine das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung nicht anerkenne, dürfe Deutschland keine Geflüchtete abschieben, denen die Zwangsrekrutierung drohe, sagte der politische Geschäftsführer der „Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“ (DFG-VK), Michael Schulze von Glaßer, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. „Vielmehr muss allen, die sich dem Krieg verweigern, Schutz gewährt werden – sowohl aus der Ukraine als insbesondere auch aus Russland.“

Überdies dürften die meist jungen Geflüchteten aus der Ukraine nicht schlechter behandelt werden als andere – etwa durch Entzug des Bürgergeldes oder andere Druckmittel, mahnte der politische Geschäftsführer der nach eigenen Angaben ältesten deutschen Friedensorganisation. „Niemand darf gezwungen werden, eine Waffe in die Hand zu nehmen und andere Menschen zu ermorden – und niemand darf gezwungen werden, sich den tödlichen Gefahren an der Front auszusetzen“, machte der Chef des 1892 gegründeten und in Stuttgart ansässigen Vereins in dem Zeitungsinterview deutlich.

Dem Bericht zufolge halten sich derzeit rund 200.000 ukrainische Männer im wehrfähigen Alter in Deutschland auf. In der gesamten Europäischen Union sind es rund 650.000. (epd)

UN-Vertreter fordert Ende der Angriffe

Nach einer der schwersten russischen Angriffswellen auf die Ukraine seit Kriegsbeginn hat ein hochrangiger UN-Vertreter ein „sofortiges“ Ende der Attacken gefordert. „Angriffe auf Zivilisten und zivile Infrastrukturen verstoßen gegen das humanitäre Völkerrecht, sind inakzeptabel und müssen sofort eingestellt werden“, forderte der Unter-Generalsekretär für Nahost und Asien, Mohamed Khiari, bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats. Russische Behörden meldeten indes in der Nacht zu Samstag mehrere ukrainische Angriffe auf russische Grenzregionen.

„Bedauerlicherweise waren die heutigen entsetzlichen Angriffe nur die jüngsten in einer Reihe eskalierender Attacken“ Russlands, sagte UN-Vertreter Khiari am Freitag. Der Generalsekretär verurteile „die heutigen entsetzlichen Angriffe auf Städte und Gemeinden in der Ukraine unmissverständlich und aufs Schärfste“, fügte er hinzu. Nach Angaben des ukrainischen Außenministers Dmytro Kuleba hatten die Ukraine und drei Dutzend weitere UN-Mitgliedsländer die Sitzung des UN-Sicherheitsrats angefordert. (afp)

Ein Toter im russischen Belgograd

Bei einem ukrainischen Angriff auf ein Wohnhaus in der russischen Stadt Belgorod ist nach Angaben des örtlichen Regionalgouverneurs in der Nacht auf Samstag ein Mensch getötet worden. Bei dem Beschuss in der Region an der Grenze zur Ukraine seien überdies vier weitere Menschen verletzt worden, erklärte der Gouverneur. Auch das Wasserversorgungssystem der Stadt sei beschädigt worden. Die Luftabwehr habe insgesamt 13 Raketen über der Region abgeschossen, erklärte das russische Verteidigungsministerium.

In einer separaten Erklärung gab das Ministerium an, dass in den Grenzregionen Briansk und Kursk sowie der Hauptstadtregion Moskau und der Region Orjol 32 Drohnen abgefangen und zerstört worden seien.

Belgorod befindet sich etwa 80 Kilometer nördlich der ukrainischen Stadt Charkiw. Nach Angaben ukrainischer Behörden war Charkiw am Freitagmorgen zum Ziel schwerer russischer Angriffe geworden. Insgesamt wurden laut Kiew bei einer Angriffswelle auf die Ukraine am Freitag mindestens 30 Menschen getötet und mehr als 160 weitere Menschen verletzt. (afp)

Weiter schwere Gefechte in Awdijiwka

Neben dem schweren Bombardement aus der Luft hat Russland nach Kiewer Angaben die Ukraine am Freitag auch mit Bodentruppen angegriffen. Allerdings verzeichnete der ukrainische Generalstab mit 31 Gefechten nur eine vergleichsweise geringe Zahl direkter Zusammenstöße. Schwerpunkt war erneut Awdijiwka im ostukrainischen Gebiet Donezk. Präsident Wolodymyr Selenskyj stattete der auf drei Seiten eingekesselten Stadt am Freitag einen unangekündigten Besuch ab. In Awdijiwka selbst gab es dem abendlichen Lagebericht zufolge drei Gefechte, weitere zehn Gefechte in der unmittelbaren Umgebung.

Ein weiterer Schwerpunkt war der Brückenkopf der Ukrainer auf dem südlichen Ufer des Flusses Dnipro im Gebiet Cherson im Süden. Dort hätten russische Truppen neunmal erfolglos versucht, die Ukrainer aus ihren Stellungen zu vertreiben. Die Angaben des Militärs waren indes nicht unabhängig zu überprüfen. (dpa)

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