Grüne und die CO2-Speicherung: Der richtige Tabubruch

Die Grünen sind jetzt für Speicherung und Nutzung von Kohlendioxid. Das tut der grünen Seele weh, ist aber notwendig.

Gelbes Warndreieck mit der Aufschrift "Zeitbombe CO2-Endlager"

2010 waren die Proteste gegen die unterirdische Speicherung von CO2 noch laut Foto: Patrick Pleul/dpa/lbn

Der Angriff der Realität auf die eigenen Vorstellungen kann hart sein. Die Frage ist, wie man darauf reagiert: Auch wenn sie seit Jahrzehnten Hintertüren beim Klimaschutz anprangern, haben die Grünen jetzt beschlossen, sich der Abscheidung, Speicherung und Nutzung des Klimagases Kohlendioxids zu öffnen. Das tut der grünen Seele weh und bringt Ärger mit manchen Klimaschutz-Aktivistïnnen. Aber es ist der richtige Weg. Denn er folgt dem Grundsatz, den Grüne und die Klimabewegung gern als Slogan nutzen: „Listen to the Science!“

Und der größte Teil der Wissenschaft sagt: Ohne CCS wird das nichts mit den Klimazielen: Die Speicherung sei vor allem bei Industrieprozessen wie beim Zement notwendig. Das sagen auch die Pläne zur deutschen Klimaneutralität. Das Klimagift direkt aus der Luft zu filtern oder in Biomassekraftwerken als CO2-Speicher zu nutzen, gehört zu den Ideen, wie wir die Pariser Klimaziele halbwegs einhalten können.

Dabei bringt CCS eine Menge Probleme: Es ist nur in kleinem Maßstab erprobt, es gibt bisher kein Geschäftsmodell dafür, die Arbeit an den nötigen Leitungen, Regeln und Lagerstätten hat gerade erst begonnen. Anders als vor einem Jahrzehnt, als ein Gesetz CCS in Deutschland praktisch verbot, soll die Technik jetzt nicht mehr die Kohle am Leben halten – sondern die Klimakatastrophe verhindern helfen. Deshalb arbeitet auch das Klimaschutzministerium an neuen Gesetzen und Strategien zum Thema.

Die Regeln für die umstrittene Technik müssen wasserdicht sein: CCS darf nicht den Ausstieg etwa aus dem Klimakiller Gas hinauszögern und den nötigen Ausbau der Erneuerbaren bremsen. Der Wachstumsmarkt CO2-Speicher muss in der EU reguliert werden. Aber wer diesen Wandel gestalten will, muss sich ihm stellen. Deshalb ist es richtig, wenn die Grünen dieses Tabu brechen. Man würde sich wünschen, dass FDP, SPD und Union ähnlich flexibel mit ihren Tabus wie „Technologieoffenheit“, „kein Tempolimit“ oder klimaschädlichen Subventionen umgingen.

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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