Missbrauch von Therapiesprech: Männlicher Kontrollfetisch

Schauspieler Jonah Hill versuchte seine Ex-Freundin Sarah Brady mit Vokabular aus der Psychotherapie zu kontrollieren. Sie machte das öffentlich.

Jonah Hill und seine Freundin Sarah Brady gemeinsam bei der Premiere des Films "Don t Look Up"

Da waren sie noch ein Paar: Jonah Hill und Sarah Brady Foto: Hinton Jordan/imago

Ich sollte meine Kolumne wohl lieber „Problematic Dudes“ statt „Gossip Girl“ nennen. Mich beschleicht zwar mitunter das Gefühl, für euch und mich wird es redundant, wenn ich hier so oft über problematische männliche Promis schreibe. Aber abgesehen davon, dass das immer wieder aufs Neue relevant ist (allein schon wegen der implizierten Vorbildfunktion, die Stars haben und selten einhalten), sind die vielen Fälle auch erstaunlich unterschiedlich.

Jonah Hill hat nun etwas gemacht, das die Vorstellung der meisten von uns, wie toxisches Verhalten aussehen kann, noch einmal übersteigt. Es ist wohl am ehesten mit „Millennial-Therapiesprech zur Kon­trollausübung zwecks Vermeidung vermeintlicher Grenzüberschreitungen“ zu umschreiben. Lasst mich das erklären. Ins Rollen gebracht hat das Ganze Sarah Brady, die 2021 ein paar Monate lang mit ihm zusammen war. Brady hat dieses Wochenende auf ihrem Instagram-Kanal mehrere private Nachrichten gepostet, die von Hill stammen sollen.

Darin steht, die junge Frau, eine semiprofessionelle Surferin, habe auf seine Anweisung hin mehrere Posts gelöscht, nachdem er sich durch ihren Feed gescrollt und Bilder von ihr im Badeanzug entdeckt habe. Er habe außerdem viele Regeln aufgestellt. Unter anderem solle sie nicht mehr mit Männern surfen und keine Fotos von sich im Badeanzug posten, womit natürlich ein Großteil ihrer Karriere torpediert wäre (ich wiederhole: Sie ist Surferin).

Grenzen, aber die falsche

Am besten fand ich folgende Vorschrift: Brady solle keine Freundschaften mit Frauen pflegen, die „instabil“ und „aus deiner wilden jüngeren Vergangenheit sind“. Treffen mit diesen Frauen sollten nicht „über ein Mittagessen oder Kaffee oder etwas Respektvolles“ hinausgehen. Begründet sind diese Regeln in den Nachrichten damit, dass er „Grenzen in einer romantischen Beziehung setzen“ („boundaries“) wolle und „Respekt verdiene“.

Diese Nachrichten zeigen, dass inzwischen der klassische Therapiesprech der Millennial-Generation dazu verwendet wird, um das zu tun, was Männer schon immer getan haben: Frauen kontrollieren. Das Perfide an der Masche ist, dass sich die Kontrollausübung nun als Selfcare tarnt. Doch schlussendlich bleibt es dasselbe. Denn: Kontrolle über andere auszuüben und für sich selbst Grenzen zu setzen, sind zwei unterschiedliche Dinge.

Der größte Witz ist, dass Hill bei seiner Therapie (über die er öffentlich spricht, es gibt auch eine Doku darüber) offensichtlich gelernt hat, wie man mit Mental-Health-Problemen umgeht – und das mit der Begründung, es seien „boundaries“, benutzte, um seine damalige Freundin zu gaslighten. Die Story ist so absurd, sie kann kaum ausgedacht sein. Gut, dass ihm das jetzt um die Ohren fliegt. Oder wie ein Tweet so schön sagte: „Du datest eine Frau, die mit instabilen Frauen aus ihrer wilden jüngeren Vergangenheit befreundet ist, und glaubst echt, sie würde keine Screenshots posten??“

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... arbeitet als freie Journalistin mit Schwerpunkt auf Kultur und Gesellschaft für diverse Medien und macht auch sonst allerhand Jux und Tollerei mit dem geschriebenen Wort. Frankfurt/Barcelona

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