Kommentar zum Protest gegen die AfD: Die Macht der Bilder

Der große, bunte Protest gegen die AfD-Demonstration in Berlin war ein voller Erfolg. Das zeigt, wie gestrig die Wutbürger-Bewegung ist.

Ältere Gegendemonstrantinnen halten Schilder hoch: „Omas gegen rechts“

Eine Demonstration misst sich an den Bildern, die davon bleiben. Die Gegendemonstration ist bunt und einfallsreich Foto: dpa

Es ist bedauerlich, dass die Schmollbürger der AfD glauben, nach dem Bundestag nun auch auf der Straße Präsenz zeigen zu müssen und so die linke und liberale Öffentlichkeit zum Gegenprotest nötigen. Aber wenn man schon gegen die Rechten demonstrieren muss – und man muss es –, dann bitte auch künftig immer so, wie es am Sonntag in Berlin geschehen ist. Denn an diesem Tag sind die Parolen der Rechtspopulisten gleich mehrfach demontiert worden. Selten sah diese Bewegung dämlicher aus.

Das beginnt schon mit der wiederholt skandierten Parole von jenem Volk, das diese Demonstranten zu sein behaupten. Dass das schon rein mathematisch Unsinn ist, zeigen die Bilder aus Berlin – die Zahl der Gegendemonstranten übertraf die der AfD-Fans gleich mehrfach. Das setzt sich fort mit dem friedlichen wie bunten Charakter der Gegendemonstranten. Nichts ist den rechten Ordnungsfanatikern lieber, als wenn sie sich zu unterdrückten Verfechtern für die Freiheit stilisieren können, denen das Demonstrieren unmöglich gemacht wird.

Doch dazu gab es für Gauland & Co. keine Gelegenheit: Die AfDler durften, von der Polizei geschützt, ungestört ihre Kundgebungen abhalten. Nun ist es zwar ausgesprochen bedauerlich, mehrere Tausend Dumpfbacken vor dem Brandenburger Tor betrachten zu müssen. Noch bedauerlicher aber wäre es gewesen, wenn sich diese Leute auch noch als verfolgte Unschuld hätten darstellen können.

Eine Demonstration misst sich an den Bildern, die davon bleiben. Und da sieht man einerseits: einige Tausend verbissene Menschen, überwiegend männlich, häufig älteren Jahrgangs, die der Überzeugung sind, dass Kanzlerin Merkel „weg“-muss. Und andererseits eine riesengroße Party zu Land und zu Wasser, mit vergnügten Menschen bei lauter Musik, mal verkleidet, mal nicht, inländisch, ausländisch, migrantisch, tanzend und protestierend.

Diese Demonstranten protestierten in ihrer Vielfalt nicht nur gegen eine rückwärtsgewandte Partei; sondern sie zeigten mit ihrem ganzen Outfit, mit ihren Gesten und ihrem Verhalten, wie gestrig die Freunde streng geordneter Verhältnisse sind. Und sie sorgen dafür, dass die AfD endlich einmal nicht nur alt, sondern auch ziemlich unwichtig und klein aussieht.

Es wäre ein Fehler, die AfD und ihre Wirkungsmacht in der Gesellschaft zu unterschätzen. Es ist aber auch falsch, sie mächtiger zu machen, als sie ist. In Berlin hat sich an diesem Sonntag herausgestellt: Es handelt sich lediglich um eine kleine radikale Minderheit.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1957, ist Mitarbeiter der taz und Buchautor. Seine Themenschwerpunkte sind Zeitgeschichte und der Nahe Osten. Hillenbrand ist Autor mehrerer Bücher zur NS-Geschichte und Judenverfolgung. Zuletzt erschien von ihm: "Die geschützte Insel. Das jüdische Auerbach'sche Waisenhaus in Berlin", Hentrich & Hentrich 2024

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.