Stadionanheizer über Motivation: „Ich bin quasi Dirigent“

Die Fans im Stadion feuern ihre Mannschaft an, sie schreien und klatschen. Grund dafür ist René Kulke: Er motiviert sie – selbst bei Niederlagen. Aber wie?

in einem Stadion schwenken Fans ihre Schals und gezündete Bengalos

Britische Vorsänger gelten als die ersten überhaupt. Hier im Old Trafford Stadion in Manchester Foto: dpa

René Kulke, 33, ist Vorsänger beim SV Babelsberg 03. Die Fußballmannschaft spielt zwar nur in der Regionalliga, die Stimmung im Stadion ist aber bundesligatauglich, auch dank ihres Anheizers Kulke.

taz.am wochenende: Herr Kulke, Sie bringen die Fans während des Spiels zum Brüllen. Wie machen Sie das?

René Kulke: Ich stimme die Lieder kurz an, damit die Fans wissen, was sie singen sollen. Danach versuche ich die Leute links und rechts vom Stimmungsblock zu involvieren. Songs und Sprechchöre, abgekupfert von Chart-Liedern, sind sehr beliebt und die Call-Response-Lieder: Ich singe etwas vor und die Leute antworten darauf. Das macht am meisten Spaß, weil es so brachial laut wird. Ich bin quasi Dirigent in einem Fußballfan-Orchester.

Wann funktioniert das am ­besten?

Wichtig sind Gegner mit sportlicher Rivalität oder, noch besser, mit positiver Fan-Rivalität. Etwa Berliner Vereine oder Vereine mit großem Anhang. Dann sind noch mehr Fans motiviert, und es entsteht ein richtiger Wettbewerb. Wenn alles zusammenpasst, hat man einen tollen Fußballtag.

Bei Niederlagen fällt das sicher schwerer.

Niederlagen sind meist nicht gut. Aber im Pokalspiel gegen Freiburg haben wir verloren, und trotzdem haben die Leute gefeiert, als hätten wir gewonnen. Aber bei manchen Niederlagen oder schwachen Mannschaftsleistungen kann das Stadion auch schweigen.

Was machen Sie, wenn keine Stimmung aufkommt?

Ich appelliere daran, dass die Mannschaft auch mit unserer Stimmung wachsen kann. Wenn die Leute nicht mitmachen, frage ich sie, was sie hier eigentlich wollen. Sie wissen doch, dass wir nur Regionalliga spielen. Entweder singen wir jetzt gemeinsam oder lassen es ganz sein. Mit ihrem inneren Schweinehund kriegt man sie fast immer animiert.

Hören Sie auch manchmal auf zu motivieren?

Das kommt selten vor, aber ist schon passiert. Das ist dann ein Zeichen an die Mannschaft. Wenn sie die Zuschauer nicht mehr im Rücken hat, hat sie Mist gebaut. Manchmal ist das auch Protest zum Beispiel gegen Stadionverbote.

Sie stehen meist mit dem Rücken zum Feld vor den Fans und sehen nichts vom Spiel.

Man kann seinen Kopf ja auch mal drehen. Man merkt ja sofort, wenn sportlich was läuft. Am Raunen etwa.

Haben Sie auch mal schlechte Laune im Stadion?

Ja, aber die singe ich mir dann weg. Wenn ich das einfließen lasse, ist das authentisch und motiviert die Leute, richtig laut zu sein.

Und das motiviert dann wie­der­um die Mannschaft?

Wenn man sich mit Spielern unterhält, sagen die schon oft, dass die Stadionatmosphäre manchmal noch 5 Prozent rausholt, die sportlich fehlen.

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