Regierungskrise in Brasilien: Kommission für Absetzung Rousseffs

Das Amtsenthebungsverfahren gegen die Präsidentin kommt voran. Die Parlamentskommission, die das Verfahren leitet, sprach sich für ihre Absetzung aus.

Ein Mann hält ein rotes und ein weißes Rauchsignal in seinen Händen

Rousseffs Unterstützer greifen zu kreativen Mitteln, um auf sich aufmerksam zu machen Foto: ap

RIO DE JANEIRO epd | Der Druck auf Brasiliens angeschlagene Präsidentin Dilma Rousseff nimmt weiter zu. Die Parlamentskommission, die das von der Opposition eingeleitete Amtsenthebungsverfahren prüft, sprach sich am Montagabend (Ortszeit) für die Absetzung der Präsidentin aus. Mit 38 zu 27 Stimmen votierten die Abgeordneten für ein Amtsenthebungsverfahren, wie die Zeitung O Globo in ihrer Internet-Ausgabe berichtete. Wegen Ermittlungen in einem Korruptionsskandal und einer schweren Wirtschaftskrise steht die Mitte-Links-Regierung von Rousseff seit Monaten unter Druck.

Vor und während der Abstimmung kam es zu Wortgefechten und tumultartigen Auseinandersetzungen zwischen Befürwortern und Gegnern des Verfahrens. Der Berichterstatter der Kommission, Jovair Arantes, sprach von „ernsthaften Indizien für eine Straftat“. Der ehemalige Justizminister José Eduardo Cardozo kritisierte das Verfahren dagegen als „widersprüchlich und politisch motiviert“.

In zahlreichen Städten demonstrierten Gegner und Befürworter der Amtsenthebung von Rousseff während der knapp zehnstündigen Sitzung der Parlamentskommission. In der Hauptstadt Brasilia errichteten die verfeindeten Gruppen Zeltlager im Regierungsviertel. In Rio de Janeiro plädierten Ex-Präsident Lula da Silva und zahlreiche prominente Künstler vor Tausenden Demonstranten gegen die Amtsenthebung.

Im Amtsenthebungsverfahren werden Rousseff Regelverletzungen beim Umgang mit Staatsgeldern und illegale Wahlkampffinanzierung bei ihrer Wiederwahl im Oktober 2014 vorgeworfen. Für eine Verwicklung der Präsidentin in den Korruptionsskandal um den halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras gibt es außer einer umstrittenen Kronzeugenaussage bisher keine Anhaltspunkte.

Rücktritt ausgeschlossen

Rousseff beteuerte mehrfach, dass sie sich keines Fehlverhaltens schuldig gemacht habe, das eine Amtsenthebungsverfahren rechtfertigen würde. Ihren Gegnern wirft die 2014 wiedergewählte Präsidentin vor, einen Staatsstreich zu betreiben. Einen Rücktritt schloss sie mehrfach kategorisch aus.

Ende dieser Woche wird im Plenum des Parlaments die Abstimmung über das Amtsenthebungsverfahren beginnen. Da dort für eine Fortsetzung des Prozesses eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist, setzt die Regierung alles daran, trotz der bröckelnden Regierungskoalition genug Stimmen zu ihrer Verteidigung zu sammeln. Sollte dies im Parlament nicht gelingen, und danach der Senat mit einfacher Mehrheit für die Amtsenthebung stimmen, müsste Rousseff ihr Amt für 180 Tage ruhen lassen.

Der inzwischen zur Opposition übergelaufene Vizepräsident Michel Temer würde in dieser Zeit die Amtsgeschäfte als Interimspräsident übernehmen. Nach dieser Frist würde der Senat über die Amtsenthebung erneut abstimmen und könnte mit einer qualifizierten Mehrheit Rousseff endgültig aus dem Amt drängen.

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