Vor dem "S 21"-Volksentscheid: Grüne setzen auf Vernunft des Volkes
Kurz vorm Volksentscheid zu "Stuttgart 21" gibt sich Verkehrsminister Hermann optimistisch. Ein Grund dafür: die Angst der Bahn, die die Grünen ausmachen.
BERLIN taz | Der Tag der Entscheidung rückt näher: Am Sonntag entscheiden die Baden-Württemberger, ob der umstrittene Tiefbahnhof Stuttgart 21 gebaut werden darf - und damit auch darüber, ob Verkehrsminister und S-21-Gegner Winfried Hermann von den Grünen seinen größten politischen Erfolg erringt oder seine schlimmste Niederlage erleidet. Doch der gibt sich nicht nervös, sondern zuversichtlich: "Mein Optimismus wird immer realistischer", sagte er am Montag in Berlin.
Im ganzen Land sei mittlerweile für die Volksabstimmung plakatiert, Veranstaltungen würden gut besucht. Und Umfragen zeigten, dass die Beteiligung so hoch werden könnte wie bei der Landtagswahl.
Das ist auch nötig: Nur wenn mehr als ein Drittel der 7,5 Millionen Wahlberechtigten für den Ausstieg aus Stuttgart 21 stimmen und und es zudem mehr Ja- als Neinstimmen gibt, ist der neue Bahnhof definitiv gestoppt. Hermann setzt darauf, dass vor allem die neuen Erkenntnisse über die Kosten des Baus und des Ausstiegs die Menschen in die Wahllokale treiben. Experten seien sich einig, dass die Maximalsumme von 4,5 Milliarden Euro schon nach derzeitigem Planungsstand erreicht sei; für sicher zu erwartende Mehrkosten gebe es keinen Puffer mehr.
Zudem schlage ein Ausstieg aus dem Projekt nicht, wie von der Bahn behauptet, mit 1,5 Milliarden Euro zu Buche, sondern mit maximal 350 Millionen. Hermann: "Die Bürger werden weiter hinters Licht geführt."
Wenn das Quorum verfehlt werde oder es eine Mehrheit für den unterirdischen Bahnhof gebe, werde die Landesregierung sich daran halten, sagte Hermann. Dass das Projekt dann realisiert werde, sei aber keinesfalls sicher. Die Bahn müsse verbindlich erklären, dass sie alle Kosten oberhalb von 4,5 Milliarden Euro allein trage. Und das sei bisher nicht geschehen.
Der Vorsitzende des Bundestagsverkehrs- ausschusses, Anton Hofreiter (Grüne), sagte unter Verweis auf Gespräche mit der Bahn, dort sorgten die Mehrkosten für erhebliche Sorge: "Die DB hat große Angst, dass sie dies Projekt tatsächlich realisieren muss." Bahnchef Rüdiger Grube erklärte hingegen, er gehe davon aus, dass das Projekt nach dem Referendum zügig weitergebaut werde.
Leser*innenkommentare
Die Redaktion
Gast
Danke für die Hinweise. Die falsche Angabe zum Quorum wurde korrigiert.
Lars
Gast
Lieber Malte Kreutzfeldt,
in der Tat ist die Quoren-Information falsch! Das ist ziemlich ärgerlich, eine einfache Recherche hätte doch gereicht!
Im Gesetz heißt es:
"Bei der Volksabstimmung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen. Das Gesetz ist beschlossen, wenn mindestens ein Drittel der Stimmberechtigten zustimmt."
ERGO: es gibt, wenn überhaupt, eine Mindestbeteiligung von 33%+1 Stimme.
Das wäre zu berichtigen!
Weinberg
Gast
„Grüne setzen auf Vernunft des Volkes“ und der „Koalitionspartner“ SPD sowie CDU und FDP setzen derweil aber auf die Macht des Geldes!
Hari Seldon
Gast
Zitat aus dem Artikel: "Hermann: "Die Bürger werden weiter hinters Licht geführt." Ja er hat Recht: Er und die Grünen traktieren die Bevölkerung schon seit langem mit Lügen. Die "350 Millionen" Lüge von Hermann: Die "Gutachterfirma" übernimnmt KEINERLEIE VERANTWORTUNG UND HAFTUNG für die eigene Gutachtung (inklusive die Summe von 350 Millionen)...
@Stuttgarterin: Bitte. lesen Sie die Verfassung von BaWü noch einmal durch. Der Artikel im TAZ beschreibt Quorum für BaWü ganz genau.
PeterWolf
Gast
Das 2/3 Quorum kommt mir auch realitätfern vor, dass bedingte ja eine Beteilung über den normalen Wahlbeteiligungen.
Das 1/3 Quorum Zustimmung ist schon heftig genug.
Wenn das aber nicht erreicht wird, dennoch eine deutliche Mehrheit für den Ausstieg, und die Gesamtbeteiligung über 50 %, wirds spannend.
Also wenn z.B. 32 % der Wahlberechtigten für den Ausstieg votieren, 19 % dagegen.
Sollte Grün/Rot dann noch den Weiterbau forcieren?
lee
Gast
@ Stuttgarterin, die zwei Drittel waren eine realitische Rechnung. Wenn 34% zur Wahl gehen, müssten so gut wie alle (über 99%) mit Ja stimmen um das Quorum zu erreichen.
broxx
Gast
"Grüne setzen auf Vernunft des Volkes"
Lol, der war gut!
Anonymer Stuttgarter
Gast
An der Abstimmung müssen mindestens ein drittel der Abstimmungsberechtigten mit "Ja" abstimmen und es muss mehr "Ja" als Nein-Stimmen geben, damit das Ausstiegsgesetzt in Kraft treten kann.
Wie kommt der Autor aus zwei drittel?
hajomueller
Gast
Herr Kreutzfeldt sollte sich zuerst schlau machen, wie das mit dem Quorum in Baden-Württemberg aussieht. Zwei Drittel, also mehr als 2,5 Millionen Wähler müssen mit JA zum Ausstieg stimmen, sollten die S21 Gegner Erfolg haben. Volksabstimmungen gibt es zwar im Ländle, aber ohne Aussicht auf Erfolg. Traurig aber wahr, dass die SPD den Leuten dabei weismachen will, dass sie mit diesem Volksentscheid Bürgernähe zelebrieren. Nein, dieser Bürgerentscheid wurde in der SPD aus der Taufe gehoben, für die SPD, aber gegen das Volk.
Stuttgarterin
Gast
Die Quoreninformation ist falsch. Es muss die Mehrheit der Abstimmenden das Gesetz annehmen, und diese Zustimmenden müssen mindestens 33 Prozent der Wahlberechtigten sein. Dass Zwei Drittel abstimmen, ist nicht erforderlich. Wenn 33 Prozent der Wahlberechtigten mit Ja stimmen und nur 34 Prozent zur Wahl gehen, ist das Gesetz auch angenommen.