Unterbringung von Geflüchteten in Berlin: Im Kampf gegen Fake News

Nach der Eröffnung eines Flüchtlingsheims am Warschauer Platz wirbt der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg bei An­woh­ne­r:in­nen um Verständnis.

Das Bild zeigt die Geflüchtetenunterkunft am Warschauer Platz

Den Austausch suchen: 300 Menschen wohnen derzeit in der Geflüchtetenunterkunft am Warschauer Platz Foto: Jürgen Held/Imago

BERLIN taz | Friedrichshain-Kreuzbergs Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann warb am Dienstagabend für mehr Freundlichkeit im Umgang mit Geflüchteten. Sie würde sich wünschen, dass die An­woh­ne­r:in­nen im Süden Friedrichshains „mit einem Lächeln ‚Guten Tag‘ sagen und den Austausch suchen“, erklärte die Grünen-Politikerin bei einer Informations- und Diskussionsveranstaltung des Bezirksamts zu einer Anfang September eröffneten Geflüchtetenunterkunft am Warschauer Platz.

Hier die Klage über „unkontrollierte Einwanderung“, dort der Satz: „Ich habe nichts gegen Ausländer, aber…“: Mit der Freundlichkeit beim Thema Geflüchtete war es an diesem Abend nicht bei allen weit her. Das ehemalige Hostel nahe dem U-Bahnhof Warschauer Straße bietet knapp 600 Plätze – zu viel für einige der rund 150 An­woh­ne­r:in­nen, die der Einladung in den klirrend kalten Saal der Zwingli-Kirche am Rudolfplatz gefolgt waren.

Der Sprecher des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), Sascha Langenbach, entschuldigte sich bei der Gelegenheit dafür, dass die Veranstaltung erst sieben Wochen nach Eröffnung der Unterkunft stattfand. Das sei auch der Arbeitsüberlastung des LAF geschuldet: „Wir hatten schlichtweg keine Zeit.“ Aber natürlich habe er schon mitbekommen, dass nicht alle glücklich waren mit der Standortwahl. Aber das sei in sämtlichen Bezirken so, „wenn ich mit meinem Gewinnerthema um die Ecke komme“.

Die Unterkunft am Warschauer Platz war dabei auch und vor allem ein Fall für die Boulevardmedien: Kurz vor der Eröffnung hatte die Betreiberin der gegenüberliegenden Schwulen- und Lesben-Disco „Busche“ öffentlichkeitswirksam Alarm geschlagen und in einem Brief an den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) vor „Personen mit mangelndem Integrationswillen“ gewarnt. Die Unterkunft werde zu einer „Explosion der Fallzahlen“ in der Kriminalitätsstatistik im Kiez führen. Ein gefundenes Fressen für B.Z. und Bild.

Insgesamt 1.000 Geflüchtete? Ein Gerücht

Tatsächlich ist der alte Backsteinbau aktuell mit 300 Geflüchteten nicht nur weit von der Maximalbelegung entfernt. Auch habe man darauf geachtet, dass zur Hälfte Familien und zur Hälfte allein reisende Männer einziehen. Das sei erfahrungsgemäß „eine gute Mischung“, sagte LAF-Sprecher Langenbach.

Unabhängig davon versuchte Friedrichshain-Kreuzbergs Jugend- und Gesundheitsstadtrat Max Kindler am Dienstagabend dennoch, weiter das Empörungspferd zu satteln. So erklärte der CDU-Politiker, dass bald bis zu 1.000 Geflüchtete im Rudolf-Kiez wohnen würden. Wie Kindler auf diese Zahl kommt, bleibe sein Geheimnis, sagte Sascha Langenbach im Anschluss zur taz. Vielmehr sei angedacht, Anfang kommenden Jahres am Rudolfplatz eine zweite Unterkunft mit noch mal 150 Plätzen zu eröffnen. Aber das war es dann auch schon.

„Die Gesamtzahl 1.000 ist ein Gerücht aus den sozialen Medien“, sagte Langenbach. Der LAF-Sprecher erklärte sich die Falschinformation damit, dass der erst in diesem Jahr ins Amt gekommene CDU-Stadtrat „vielleicht nicht in allen Themen“ so bewandert sei.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.