Studie zu Fossilkonzernen: Tödliche Emissionen

Durch die Treibhausgase von Öl- und Gasunternehmen wie Shell steigt die durchschnittliche Temperatur. Greenpeace hat berechnet, wie tödlich das ist.

Das gelb-rote Shell-Logo, weltweit eines der größten Mineralöl- und Erdgasunternehmen

Darf's noch eine Tankladung sein? Foto: May James/reuters

BERLIN taz | 360.000 vorzeitige Todesfälle könnte es bis Ende des Jahrhunderts durch extreme Temperaturen geben, die die Treibhausgasemissionen von neun großen europäischen Öl- und Gaskonzernen verursacht haben – und zwar nur die aus dem Jahr 2022. Zu diesem Ergebnis kommt eine Greenpeace-Studie, die am Dienstag auf der Weltklimakonferenz vorgestellt wurde. Laut der Studie ist allein Shell für mehr als ein Drittel der Fälle verantwortlich.

„Kommen Fossilkonzerne mit Mord davon?“, fragte Lisa Göldner von Greenpeace. „Die Emissionen aus nur einem Jahr schlagen schon tödliche Wellen bis zum Ende des Jahrhunderts. Wenn die fossile Industrie weiter fossile Kraftstoffe auf heutigem Niveau fördert und verbrennt, könnten Millionen von Menschen vorzeitig sterben.“

Die StudienautorInnen haben die Treibhausgasemissionen von Shell, TotalEnergies, BP, Equinor, Eni, Repsol, OMV, Orlen und Wintershall Dea aus dem Jahr 2022 addiert. Dafür haben sie die Angaben der Konzerne genutzt. Aufsummiert geht es demnach um 2,7 Milliarden Tonnen CO₂. Zum Vergleich: Insgesamt hat die Welt in dem Jahr laut der Internationalen Energieagentur 36,8 Milliarden Tonnen CO₂ verursacht.

Greenpeace warnt, der Anteil der neun Konzerne daran könnte eigentlich noch höher sein. Zu TotalEnergies gebe es beispielsweise eigene Berechnungen, nach denen die eigentlichen Emissionen fast viermal höher liegen würden als vom Unternehmen angegeben.

Dann auch noch Stürme, Fluten und Luftverschmutzung

Die StudienautorInnen haben auf Basis der 2,7 Milliarden Tonnen berechnet, wie viele Menschen pro zusätzlicher Tonne Kohlenstoff vorzeitig sterben – und zwar nur aufgrund von extremen Temperaturen, also vor allem Hitze. Die durch die Treibhausgase ausgelöste Klimakrise begünstigt aber auch anderes extremes Wetter, etwa Starkregen, Dürre, starke Stürme. Fossile Energieträger zu verbrennen, verschmutzt außerdem die Luft. Diese potenziell tödlichen Folgen berücksichtigt die aktuelle Studie nicht.

Andernfalls würden die Todesfälle wohl noch deutlich höher liegen. Nach einer kürzlich in einem medizinischen Fachjournal veröffentlichten Studie tötet die von fossilen Brennstoffen verursachte Luftverschmutzung etwa 5 Millionen Menschen pro Jahr, weil sie zu Herzerkrankungen und Schlaganfällen führt.

Grundlage der aktuellen Berechnungen ist das Temperaturszenario RCP 2.6 des Weltklimarats (IPCC), wonach sich die Welt bis 2100 um 2,4 Grad Celsius erwärmt. Bleibt es bei den bis jetzt beschlossenen klimapolitischen Maßnahmen, ist das noch zu optimistisch. Laut dem Projekt Climate Action Tracker, das die Thinktanks New Climate Institute und Climate Analytics zusammen betreiben, laufen die aktuell eher auf 2,7 Grad hinaus.

Die Sterblichkeitsrate wurde einer Übersichtsstudie entnommen, die den Anstieg der Mortalität für bestimmte Erwärmungsszenarien berechnet. Danach führen 9.318 Tonnen CO₂ in der Atmosphäre im Jahr 2020 zu einem zusätzlichen Todesfall im Zeitraum 2020 bis 2100. Die Greenpeace-Studie hat die Werte für 2020 durch die Werte für 2022 ersetzt, also die 2,7 Milliarden Tonnen CO₂ als Basiswert genommen.

Die Studie wurde auf der Weltklimakonferenz in Dubai auch vom internationalen Publikum kommentiert. „Fossile Brennstoffe sind der Schlüsselfaktor für Umweltzerstörung, insbesondere für die Menschen im Globalen Süden“, sagte die ugandische Klimaaktivistin Vanessa Nakate. „Es ist kein Geheimnis, dass die Verbrennung von Öl und Gas die Klimakrise verschlimmert.“ Nakate wurde hierzulande bekannt, als eine Nachrichtenagentur sie als einzige Schwarze Aktivistin aus einem Foto mit Greta Thunberg und Luisa Neubauer schnitt.

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