Streit um Freizügigkeit in der Schweiz: EU stoppt Förderprogramme
Die Begrenzung der Zuwanderung in der Schweiz könnte das Land teuer zu stehen kommen. Die EU setzt Verhandlungen über milliardenschwere Kooperationen aus.
BRÜSSEL/BERN dpa | Im Streit um die Freizügigkeit für das neue EU-Mitglied Kroatien mit der Schweiz zieht die Europäische Union erste Konsequenzen. Die Verhandlungen über eine Beteiligung der Schweiz an dem Studenten-Austauschprogramm Erasmus Plus und dem milliardenschweren EU-Forschungsprogramm Horizon 2020 seien vorläufig auf Eis gelegt, sagte ein Kommissionssprecher am Sonntagabend in Brüssel. Damit könnten der Schweiz EU-Gelder für Forschung und Bildung entgehen.
Die Schweizer hatten vor einer Woche mit knapper Mehrheit einer Volksinitiative gegen „Masseneinwanderung“ zugestimmt. An diesem Wochenende hatte die Schweizer Justizministerin Simonetta Sommaruga der kroatischen Außenministerin Vesna Pusic mitgeteilt, dass die neue Verfassungsbestimmung ab sofort den Abschluss völkerrechtlicher Verträge untersage, die eine unbegrenzte Zuwanderung bedeuten würden. Ein fertig ausgehandeltes Protokoll gewährt Kroatien aber nach zehn Jahren volle Freizügigkeit. Der Bundesrat prüfe mögliche Lösungen, die Kroatien nicht diskriminierten.
„Der freie Personenverkehr zwischen der EU und der Schweiz ist ein Grundprinzip, das wir nicht infrage stellen wollen“, sagte der Kommissionssprecher. „Auch weil dies Teil eines größeren Pakets ist, das der Schweiz Zugang zum EU-Binnenmarkt gewährt.“ Zwischen den beiden Programmen Erasmus plus sowie Horizon 2020 und der Freizügigkeit – in dem Fall für Studenten und Forscher – gebe es einen engen Zusammenhang. Alle kommenden Verhandlungsrunden über eine Partizipation der Schweiz an den Programmen seien so lange verschoben worden, bis das Alpenland das Protokoll unterzeichne.
Unterdessen drückt die national-konservative Schweizer Volkspartei (SVP) als Initiatorin der Volksinitiative aufs Tempo. Fragen der Kontingentierung bei der Einwanderung könnten „auf dem Verordnungsweg sofort gelöst werden“, sagte SVP-Chef Toni Brunner dem Blatt Schweiz am Sonntag.
Aus Sicht der Sozialdemokraten (SP) kommt eine neue Volksabstimmung in Betracht, sobald die bilateralen Verträge mit der EU gekündigt werden müssten. Das Volk müsse wählen können zwischen der Umsetzung der Initiative und der Sicherung des bilateralen Wegs, sagte SP-Chef Christian Levrat der Sonntagszeitung.
Die Eidgenossen hätten die Initiative am 9. Februar angenommen im Glauben, sie sei mit den bilateralen Verträgen vereinbar. Nach einer repräsentativen Umfrage des Sonntagsblicks sind 74 Prozent der Schweizer für die Beibehaltung dieser Verträge mit der EU.
Leser*innenkommentare
Urschweizer
Gast
Übrigens ich wollte noch anfügen die Presse ist nicht das schweizer Volk, die Presse braucht Auflagen das heisst die grübelt und sucht nach Meldungen die Aktion bringen.
Urschweizer
Gast
Hallo zusammen,
die einzigen Stimmen die über die Volksabstimmung in der Schweiz noch zu hört sind kommen aus der EU. Bei uns im Volk ist die Abstimmung nur noch am Rande ein Thema. Die Gegner anerkennen das Abstimmungsresultat und Verhält sich eben wie richtige Demokraten, da gibt es keine Spaltung des Lande (solch ein Denken hat nur jemand der unsere Demokratie nicht versteht).Ich möchte allen unsere Nachbarn darauf aufmerksam machen wir waren noch nie Mitglied der EU und haben das Glück ein freies Volk zu sein und als solches auch frei Entscheidungen zu können.
Und richtig, nach den vielen Diskussionen aus der EU würden bei uns in der Schweiz noch viel mehr Leute den Mut finden mit JA zu stimmen. Was ich auch feststelle ist dass viele unser System nicht verstehen können. Dieses System hat über Jahrzehnte vielleicht schon einige Jahrhunderte gut funktioniert die Leute tragen sich hier gegenseitig, es ist überschaubar. Glaubt Ihr wirklich wir geben dass für eine von Banken Wirtschaft und Politik geführte Gesellschaft auf? Welche sind nun hier die Linken und die Rechten die Faschisten und Antifaschismus?
Gruss aus der Schweiz
Klaus Vollmer
Zuerst ist es mal notwendig, ein paar von Wikipedia geklaute Definitionen zu erwähnen.
„Populismus bezeichnet eine um „Nähe zum Volk“ bemühte Politik, die Unzufriedenheit, Ressentiments, Ängste, Hoffnung und aktuelle Konflikte ausdrückt und instrumentalisiert, indem sie Gefühle anspricht und einfache Lösungen vorstellt.
Bevorzugt werden solche Themen aufgegriffen, die bei vielen Bürgern starke Emotionen hervorrufen und sich gegen den „Gegner“ (bevorzugt „die da oben“ oder „das Establishment“) anwenden lassen (etwa Benzinpreise, Einwanderung und Integration, Steuern, Kriminalität, Patriotismus, aber auch soziale Gerechtigkeit). Komplizierte Themen werden hingegen ungeachtet ihrer realen Bedeutung vermieden oder in ihrer Bedeutung heruntergespielt, da sie den Populisten keinen Nutzen bringen.“
Es ist doch so vieles wahr, was in der MEI-Argumentation beschrieben wurde. Darin genau liegt die Populismus-Falle. In die Verfassung der Schweiz geht der Initiativtext ein. Der unterscheidet aber nur zwischen Ausländern und Schweizern. Da steht nirgends, dass ein Inländer mit 20 Jahren Wohnsitz in CH einem Schweizer Bürger gleichgestellt ist. Diese fallen unter die Kontingente.
Bei mehreren Schweizern ist erstes Unbehagen aufgekommen, als die Glückwünsche der FPÖ, der FN und von UKIP eingegangen sind. Die gemäßigten SVP-Anhänger entgegen mir, dass die SVP aber nicht in den Kreis dieser Parteien gehört, strenggläubigere sagen mir, dass auch eine Mehrheit der EU-Bevölkerung ihren Kurs unterstützt.
Das viele Verträge zwischen CH und EU mit der Freizügigkeit von Menschen und Unternehmen verknüpft sind, wurde oft negiert.
IstDasNochLinks
Gast
@Slobo
"...Die Schweiz hat eine Grenze überschritten und da wird eben der Geldhahn zugedreht. ..."
Realsatire vom Besten!
Genau Grenzüberschreitungen, sowohl im herkömmlichen, wie auch politischen Sinne der Einmischungen, will die Schweiz nur bedingt erdulden. Die Einmischung
in ihre Hoheitsrechte hat sie sich verbeten.
Die Rollenverteilung ist genau umgekehrt.
Und was den Geldhahn anbelangt, wer da am längeren Hebel sitzt, ist nicht immer raus und man sollte das auch NIE austesten,
denn es gibt KEINE TOTALITÄRE DEMOKRATIE!
Hari Seldon
Gast
Nach diesem Erpressungsversuch der EU würde die Initiative in der Schweiz am nächsten Sonntag statt 50,3% mindestens 75% erhalten, und mit Recht. Die Schweiz ist ein unabhängiger Staat und jetzt wollen EU-Bürokraten (ohne jegliche politische Legitimation) die Schweiz von aussen erpressen. Ich wäre gespannt, welche EU-Politiker könnten eine basisdemokratische Volksabstimmung überleben. Mit hoher Wahrscheinlichkeit keine. Und die Schweiz könnte als Forschungspartner sehr gute andere Alternativen wie Russland oder China finden (s. das Ergebnis des Erpressungsversuchs der US in Fall von Ägypten).
D.J.
Gast
@Oldname,
"Dumpfbacken"
Es ist vor allem diese unfassbare Arroganz mancher Deutscher, die die Schweizer so nervt. Ich für meinen Teil schäme mich für solche unterirdischen Kommentare.
Arne
Gast
Tja, wenn das so stimmt, dass die Bildung sehr wichtig wäre, wie alle Politiker immer sagen, sollte das eingesparte Geld aber ganz schnell in Bildungsprojekte innerhalb der EU fließen.
Griechenland, Spanien und Portugal wären bestimmt froh, wenn sie etwas für die Bildung ihrer Jugend tun könnten.
Gast
Gast
Der Witz ist doch wohl eher: Wie kann das reichste Land von Europa, das kein Mitglied der EU ist, überhaupt Fördermittel von der EU bekommen? Ich bitte um Erklärung!
Ich finde
Gast
Die EU bezahlrt ja auch 3/4 der Staatskosten der Palestinänser.
Denen würde ich auch nichts mehr geben bevor dort kein Friedensabkommen unterzeichnet wird.
Da sind ja wohl Fördergelder für Grenzüberschreitende Grundlagenforschung wesentlich besser angelegt.
IstdasnochLInks
Gast
Diese Sanktionspolitik finde ich ausgesprochen dämlich.
Es sind die EU-Bürger, die gern in der Schweiz studieren
und das hat natürlich auch
der Schweiz sehr viel Geld gekostet und eben vielen
EU-Bürgern zur Erfüllung
ihres Lebenstraumes verholfen,
wofür sie in einem EU-Staat
mit hohen NC keine Chance bekommen hätten(z.B. Deutschland).
Gerade mit der Bildung würde
ich überhaupt keine Erpressungsversuche starten!
Die EU muss schon mit ihren
eigenen Marktwert durch Leistung und nicht durch
gesetzgeberische und politische Monopolmacht und immer wieder neu überzeugen.
Der freie Wettbewerb der Demokratiekonzepte soll weiterhin bestehen bleiben!
Hört also auf die Schweiz zu schikanieren. Die Nazizeiten sind vorbei!
Ash
Nein, die Schweiz ist doch gerade die Nazi-Hochburg. Die Schweiz hat eine Grenze überschritten und da wird eben der Geldhahn zugedreht. Punkt. Ist natürlich doof für die Studis und so, aber die Schweiz kann ihre Position ja nochmal überdenken.
Wäre ja noch schöner, wenn wir mit unserer Vergangenheit sowas unterstützen würden. Rassismus fängt da an, wo andere ausgegrenzt werden. Genau das tut die Schweiz.
Lotus
Gast
"Bildungsfreizügigkeit" kann man auch anders Regeln als über "allgemeine Personenfreizügigkeit" das Verhalten der Union erinnert mehr an Erpressung als an Kompromissbereitschaft
Tantris
Gast
Zwar habe ich gegen den Ausgang des schweizer Volksbegehrens keine Einwände,wundere mich aber,dass das reichste Land der Welt v.den Hungerleidern in der Eu Zuschüsse bekommt.
Lena W.
Gast
schon etwas komisch, dass die taz hier werbung von campact! gegen monsanto und basf bringt, dabei schweiz-kritisch und pro-EU berichtet, obwohl das die firmen sind, die von den korrupten EU-entscheidungen profitieren
Konrad
Gast
die EU hat sie echt nicht alle
Ash
Aber die Schweiz, die ist völlig normal, oder was? Einerseits lässt die Schweiz Zuwanderung von Millionären und Steuerhinterziehern zu, auf der anderen Seite werden Menschen ausgegrenzt. Wie ist das zu erklären? Sind Menschen mit dickem Portemonnai bessere Menschen?
Wo Menschen ausgegrenzt werden, da fängt Rassismus an.
oldname oldname
Mal gucken wie das ausgeht. Vermutlich wird ein großer Teil der Dumpfbacken, die gegen die Personenfreizügigkeit gestimmt haben, sich weder für Forschung noch Bildung interessieren. Demtentsprechend wirds denen am Allerwertesten vorbeigehen ob da Gelder fehlen oder nicht.
Harald B.
Gast
Die Schweiz ist ein wissenschaftliches Spitzenland und für EU-Wissenschaftler sehr attraktiv.
Der Schaden und die Dumpfbacken leigen eheranderswo.
Gast
Gast
@oldname oldname Na ihr Kommentar zeugt ja auch von geistiger Größe. Und so völlig frei von Vorurteilen