Strategien gegen Hasskriminalität: Damit Queers sicher sind

Ein Runder Tisch soll für Berlin eine Strategie gegen Queerfeindlichkeit erarbeiten. Die Zahl der LGBTQIA* feindlichen Hasstaten steigt seit Jahren.

Die Regenbogenflagge hängt vor dem Roten Rathaus anlässlich der Pride Weeks vor dem Christopher-Street-Day.

Regenbogenflaggen reichen nicht: Im Roten Rathaus wird über Strategien gegen Queerfeindlichkeit beraten Foto: Fabian Sommer/dpa

BERLIN taz | „Wenn wir mit der Person, die wir lieben, Hand in Hand über die Straße gehen, dann ist das Erste, woran wir denken, Angst“, sagt Alfonso Pantisano, der erste Queerbeauftrage des Senats zu den Dutzenden gespannt lauschenden Personen, die sich am Dienstagnachmittag im prunkvollen Wappensaal des Roten Rathauses in Berlin-Mitte versammelt haben. Der Grund für die Angst: Queerfeindlichkeit.

Genau diese soll in der neuen Landesstrategie für queere Sicherheit tiefergehend bekämpft werden. Dafür hat an diesem Nachmittag die Auftaktveranstaltung für einen runden Tisch stattgefunden, der Kern der neuen Strategie sein soll. 36 Ver­tre­te­r*in­nen von Zivilgesellschaft, Verwaltung und verschiedenen Verbänden wollen ab jetzt einmal im Quartal zusammenkommen, um neue Strategien zu besprechen.

Unter Leitung von Pantisano soll der Runde Tisch in zwölf verschiedenen Arbeitsfeldern die neue Landesstrategie erarbeiten. Beispiele sind der ÖPNV oder das Gesundheitswesen. Denn besonders hier sähen sich queere Personen noch immer mit Feindlichkeit konfrontiert, betont Pantisano.

Diese bittere Realität wird bei der Auftaktsveranstaltung durch Fakten des Berliner Monitoring für trans- und homophobe Gewalt unterstrichen. Demnach steigt die Zahl der LGBTQIA* feindlich motivierten Hasstaten seit Jahren an. Selbst die Einschränkungen der Coronapandemie haben diesen Trend nicht gestoppt.

Stadtgesellschaft soll einbezogen werden

Probleme erkennen, Maßnahmen bewerten und neue Strategien entwickeln: So lautet das Ziel des runden Tisches. „Wir wollen das Programm partizipativ mit der Stadtgesellschaft entwicklen“, betont Max Landero, Staatssekretär für Antidiskriminierung und Vielfalt (SPD), zu Beginn der Veranstaltung. Im Juni 2025 sollen erste Zwischenergebnisse präsentiert werden. Ende 2025 wolle der Senat die neue Landesstrategie verabschieden.

Auch verschiedene mögliche Querschnittsthemen des runden Tisches werden bei der Veranstaltung präsentiert. Eine besonders wichtige Perspektive soll eine intersektionale sein: „Diskriminierungserfahrungen, die queere Menschen im Gesundheitswesen machen, sind schlimm“, betont Pantisano. Er wolle jedoch auch daran erinnern, dass solche Erfahrungen immer noch drastischer werden, wenn Personen nicht als weiß gelesen werden.

Im Wappensaal des Roten Rathaus ist nun Zeit, Fragen zu stellen. „Werden auch die Stimmen queerer Geflüchteter mitgehört?“, fragt eine Person. „Natürlich“, antwortet Pantisano. Es könne kein sicheres, queeres Berlin geben, wenn die Sicherheit queerer Geflüchteter nicht mitgemeint ist. Aus einer anderen Ecke kommt die Anregung, sich nicht einfach als offen und Raum für alle aus der Community zu labeln, das genüge nicht. Personen mit den unterschiedlichsten Lebensrealitäten müssten aktiv mobilisiert werden, um wirkliche Repräsentanz sicherzustellen.

Sicherheit im ÖPNV ein Problem

Dass es darum geht, aktiv bestehende Strukturen zu ändern, zeigt sich auch an der Toilettensituation im Roten Rathaus. Zu Beginn der Veranstaltung sind die binären, also in „männlich“ und „weiblich“ gedachten Toilettenschilder mit dem Aufdruck „All-Gender Toilette“ überklebt. Als die Veranstaltung vom Vortrag zur Vernetzung bei einer Tasse Kaffee übergeht, sind die überklebten Schilder schon wieder ab. Übrig bleiben die binär gedachten Schilder, wie an jedem anderen Tag im Roten Rathaus.

Teilnehmerin Silke Radosh-Hinder findet den runden Tisch trotzdem eine großartige Initiative. Sie habe Kontakt mit queeren Ak­ti­vis­t*in­nen aus Ghana, wo ein neues queerfeindliches Gesetz verabschiedet wurde, erzählt sie. Dass in Berlin von politischer Seite über den Schutz queerer Menschen gesprochen wird, fände sie darum sehr gut. Auch Lars Bergmann ist angetan von der Veranstaltung und regt an, das Thema über die Stadtgrenzen Berlins hinauszudenken. „Spätestens beim Thema ÖPNV ist das nötig.“

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