Special Olympics World Games in Berlin: Sport wird zur inklusiven Bewegung

Die Special Olympics sind das größte Sportevent für Menschen mit geistiger Behinderung. Die Veranstalter hoffen auch auf viel Publikum.

Die libanesische Special Olympics Schwimmerin Elissa Harik lehnt an der Kante eines Schwimmbeckens

Noch ist es ruhig im olympischen Schwimmbecken. Doch schon bald beginnen die Wettkämpfe Foto: Emilie Madi/REUTERS

BERLIN taz | Es ist das größte inklusive Sportereignis der Welt und findet in Berlin statt: die Special Olympics World Games. Vom 17. bis zum 25. Juni kommen dafür Tausende Athleten und Athletinnen in die deutsche Hauptstadt. Die Special Olympics werden für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung ausgerichtet. Sie sind offiziell vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) anerkannt.

Die Wettkämpfe werden in diesem Sommer das erste Mal in Deutschland ausgetragen. Am 17. Juni eröffnet sie der Präsident der Special Olympics, Timothy Shriver, und der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Olympiastadion. Zum Finale der Show wird auch die weltweit bekannte Blue Men Group auftreten. Das olympische Feuer aus Athen ist bereits in Deutschland angekommen und wird ein Feuerwerk im Stadion entzünden.

Die deutsche Delegation stellt 414 Sportler und Sportlerinnen. Sie haben sich wie alle anderen Teilnehmenden während der nationalen Special Olympics qualifiziert, die 2022 stattfanden. Insgesamt treten 7.000 Menschen aus 190 Ländern in 26 Disziplinen gegeneinander an.

Dafür stehen in Berlin verschiedene Sportstätten zur Verfügung. Manche davon werden nur für die Spiele aufgebaut: Basketball am Neptunbrunnen, Segeln auf dem Wannsee, Schwimmen im Prenzlauer Berg. Insgesamt gibt es elf Austragungsorte, alle Entscheidungen fallen im Olympiapark. Der Eintritt ist an vielen Orten frei.

Host-Town-Programm soll inklusiven Breitensport fördern

„Wir wollen, dass möglichst viele Berlinerinnen und Berliner zuschauen und die Athleten anfeuern“, sagt Innensenatorin Ines Spranger (SPD). Daher kosteten die Tickets auch maximal acht Euro, ein Fahrschein für Berlin ABC ist inklusive.

In den Tagen vor Beginn der Special Olympics World Games werden die Delegationen in 216 Kommunen empfangen, das sind die sogenannten Host-Towns. Auch die Bezirke sind unter den Gastgebern: Die Delegation der Ukraine kommt nach Treptow-Köpenick, die aus Kuwait nach Neukölln, die aus Fid­schi nach Lichtenberg und die aus Taipeh kommt nach Charlottenburg-Wilmersdorf.

Im Host-Town-Programm sieht Sven Albrecht auch einen Auftrag für die Zukunft. Er ist für die Organisation der Welt­spiele verantwortlich. „Vor allem die lokalen Sportvereine sollen sich mehr für den inklusiven Sport öffnen“, sagt Albrecht. Er möchte die Kommunen weiter motivieren, inklusive Netzwerke vor Ort zu schaffen.

Inklusion bedeutet, dass sich Systeme wie Schulen oder Sportvereine so verändern, dass Menschen mit Behinderung gleichberechtigt neben Menschen ohne Behinderung teilnehmen können. In diesem Sinne könne Inklusion als Weiterentwicklung von Integration verstanden werden, heißt es von Special Olympics Deutschland.

Das Ziel könne sein, dass Menschen mit Beeinträchtigungen auch ehrenamtlich tätig sind und Trainingsbedingungen vorfinden, die für sie geeignet sind, sagt Sven Albrecht.

Die Spiele seien ein Indikator, Aufmerksamkeit in besonderer Form zu erzeugen und auch die Lebenssituation von Menschen mit geistiger Behinderung sichtbar zu machen. Das macht die Special Olympics mehr zu einer Bewegung als zu einem reinen Sportevent. Menschen mit Beeinträchtigungen werden dort nämlich tausendfach sichtbar und können so für ihre Interessen sensibilisieren.

Es geht um „wir zusammen“

Die Organisatoren und Organisatorinnen planten die Welt­spiele aktiv zusammen mit diesen Menschen und stellten fest: Es geht ihnen nicht um „wir“, nicht um „ich“. Es geht ihnen um „wir zusammen“. Daraus entwickelte sich das Motto der Special Olympic World Games „zusammen unschlagbar“.

Es gibt verschiedene Angebote während der Spiele, in denen Menschen mit und ohne Behinderungen zusammenarbeiten und voneinander lernen: inklusive Redaktionen für die Berichterstattung etwa. Laut Veranstalter geht es dabei auch um Nachhaltigkeit. Idealerweise bekämen die bestehenden inklusiven Redaktionen Impulse für ihre weitere Arbeit. So könnten alle Beteiligten zu einer veränderten Wahrnehmung von Menschen mit geistiger Behinderung beitragen.

„Unified“ bedeutet „gemeinsam“ oder „vereint“. In den Special Olympics „Unified Sports“ trainieren Athleten mit Behinderung mit Partnern ohne Behinderung gemeinsam. Sie treten auch gemeinsam zu Wettbewerben an. In diesen „Unified Sports“ wird Inklusion gelebt.

Zusätzlich untersucht medizinisches Fachpersonal die Gesundheit in einem Programm namens „Healthy Athletes“. Laut Veranstalter sind Menschen mit geistiger Behinderung mit einer „starken gesundheitlichen Chancenungleichheit konfrontiert“. Das hindere sie daran, gleichberechtigt teilzuhaben.

Neben den Wettbewerben gibt es auch verschiedene Kulturveranstaltungen. Vom 10. bis 25. Juni werden Konzerte, Stadtführungen oder Ausstellungen angeboten. Alle Veranstaltungen seien inklusiv, sagt die Leiterin des Special-Olympics-Kulturprogramms, Magdalena Wienerroither.

Special Olympics mit Wurzeln in den USA

Begonnen hat die Bewegung für die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit geistiger Behinderung in den USA. Als Pionierin wollte Eunice Kennedy Shriver herausfinden, wie Menschen mit geistiger Behinderung Sport treiben können, und veranstaltete ein Sommercamp in ihrem Garten. Shriver ist die Mutter des heutigen Präsidenten der Special Olympics.

Die Aktivistin engagierte sich für die Menschen mit Beeinträchtigung und konnte schließlich die größte inklusive Sportveranstaltung der Welt gründen. Im Sommer vor mehr als 50 Jahren liefen tausend Athleten und Athletinnen mit geistiger Behinderung in ein Stadion in Chicago ein. Die ersten Special Olympics waren damit eröffnet.

Seither gibt es die Weltspiele für Menschen mit geistiger Behinderung alle zwei Jahre.

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