Sonderermittler in der Dieselaffäre: VW ruft Verfassungsgericht an
Der Konzern will laut Medienberichten die rechtliche Aufklärung der Affäre verhindern. Drei Aktionäre hatten den Einsatz eines Sonderermittlers durchgesetzt.
MÜNCHEN AFP | Der Volkswagen-Konzern will Medienberichten zufolge eine rechtliche Aufklärung der Dieselaffäre verhindern und hat darum das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe angerufen. Ein VW-Sprecher habe auf Anfrage eingeräumt, dass der Konzern nach Karlsruhe gegangen sei, um einen Sonderprüfer zu verhindern, berichtete die Süddeutsche Zeitung vorab aus ihrer Freitagsausgabe.
Nach Informationen der Zeitung sowie von WDR und NDR will der Konzern verhindern, dass ein auf Antrag von Aktionären gerichtlich bestellter Sonderprüfer die Affäre untersucht. Über den Einsatz des Sonderermittlers hatte das Oberlandesgericht (OLG) Celle im November entschieden. Den Recherchen zufolge argumentiert VW, durch diese Entscheidung in seinen Grundrechten verletzt worden zu sein.
Den Berichten zufolge beantragte der Volkswagen-Konzern, dass der vom OLG Celle berufene Sonderprüfer keinesfalls tätig werden darf, solange die Beschwerde in Karlsruhe anhängig und noch nicht entschieden ist. Das Verfassungsgericht habe auf Anfrage von SZ, WDR und NDR mitgeteilt, dass ein Entscheidungstermin „derzeit nicht absehbar“ sei.
Das OLG spricht den Berichten zufolge in der schriftlichen Begründung seiner Entscheidung von einer „andauernden Intransparenz“ von Seiten des VW-Konzerns in der Abgasaffäre. VW habe ausreichend Zeit gehabt, die Öffentlichkeit oder zumindest die Aktionäre in Kenntnis zu setzen, wer was wann über die mutmaßlichen Manipulationen gewusst habe, berichtete die Süddeutsche Zeitung. Nichts von dem sei geschehen, selbst über den Inhalt des Auftrags an die Anwaltskanzlei Jones Day, die im VW-Auftrag die Vorgänge aufarbeiten soll, habe VW „in keiner Weise“ informiert, zitieren die Medien aus der Begründung des OLG Celle.
Die drei Aktionäre aus den USA, die vor dem OLG Celle erfolgreich geklagt hatten, werden dem Bericht zufolge von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) vertreten.
Leser*innenkommentare
Velofisch
Die Politik auf Schmusekurs. Die Staatsanwaltschaft tanzt - wie gesetzlich vorgesehen - nach der Pfeife der Politik. Was bleibt sind Gerichte und Untersuchungsausschüsse. Schön dass hier das Bundesverfassungsgericht dieses offensichtliche Verzögerungs- und Verdunklungsmannöver nicht mitmacht.
Damit auch die Staatsanwaltschaften unabhängig ermitteln, sollten wir folgende Petition unterstützen: https://www.change.org/p/parlament-einf%C3%BChrung-einer-unabh%C3%A4ngigen-staatswanwaltschaft-in-deutschland?recruiter=24880619&utm_source=share_petition&utm_medium=copylink&utm_campaign=share_page&utm_term=triggered
dodolino
Das ist doch voll grotesk! Das Unternehmen VW wehrt sich mit Allem, was ein Milliardenkonzern zur Verfügung hat, um verurteilt zu werden, leider auch mit tätiger Hilfe der Landes- und BUndes-Politik.
Geht es um Schuld eines Unternehmens, dann heisst es, daß ein Unternehmen niemals eine eigene 'Schuld' an etwas haben kann, es muss einer einzelnen Person diese Schuld nachgewiesen werden. Aber eine juristische Unschuldsfirma beruft sich jetzt plötzlich auf eigene Grundrechte...?!?
DAS STINKT DOCH ZUM HIMMEL !!
Ach ja, Sammelklagen sind ja immer noch nicht zulässig, also bleiben die Opfer (Käufer der Dieselautos des VW-Konzerns) auf ihren Verlusten sitzen. Also, ehrlich gesagt: RECHTSSTAAT GEHT ANDERS !!
Sophie Kowalski
Haben Unternehmen Grundrechte? Ich dachte nur Menschen haben Grundrechte...
Adele Walter
@Sophie Kowalski Aus Art. 0 GG 'Das Kapital ist unantastbar' leitet sich das Grundrecht auf finanzielle Unversehrtheit und die Unverletzlichkeit der Aktiengesellschaft ab.