Schweden und der Gävlebocken: Noch hat Gävle Bock

Seit 1966 stellt die schwedische Stadt Gävle eine meterhohe Strohziege am ersten Advent auf. Jedes Jahr versuchen Brandstifter, sie abzufackeln.

Die Stohziege Gävlebocken bei Nacht

Steht noch, wenn auch angefressen: der Gävlebocken im nordschwedischen Gävle Foto: Daniel Bernstål

Er wurde schon verbrannt, angefahren und kollabierte: Dieses Jahr bedrohen Dohlen – kleine Rabenvögel – den Gävlebocken, eine 13 Meter hohe Strohziege, die im Zentrum des nordschwedischen Städchens Gävle steht.

Gävle hat knapp über 100.000 Einwohnern und liegt 170 Kilometer nördlich von Stockholm. Werbungsexperte Stig Gavlén hatte im Jahr 1966 die Idee, einen riesigen Strohbock in der Stadt aufzustellen. In einem Kaffee zeichnete er einen ersten Entwurf auf eine Serviette. Stigs Bruder Jörgen Gavlén konstruierte ihn. Sein Beruf? Leiter der Feuerwehr. In dem Jahr ging die Strohkonstruktion erstmals in Flammen auf – am 31. Dezember. Die Täter wurden gefasst und wegen Vandalismus verurteilt.

Dies führte in den darauf folgenden Jahren zu Nachahmern, die versuchten, die Ziege zu zerstören. Neben Touristen und Weihnachtsfans zog der Gävlebocken auch Brandstifter an.

Die Strohziege in Gävle geht auf den Julbock zurück, ein beliebter Weihnachtsschmuck in Skandinavien. Der Julbock ist Teil vieler Traditionen. Bevor ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Weihnachtsmann die Geschenke brachte, wurden sie vom Julbock übergeben. Spuren davon finden sich immer noch im finnischen Wort „Joulupukki“, das heute Weihnachtsmann bedeutet, obwohl „Pukki“ das Wort für Ziege ist.

Mit Security, Zäunen und Webcams gegen Brandstifter

Seit 1986 hat der Gävlebocken einen kleinen Bruder, der vom Nature Science Club an der Vasa-Schule aufgestellt wird und vor Kaputtmachversuchen auch nicht sicher ist. Der große Gävlebocken überlebte seit dem Jahr 1966 bisher nur 19 Mal.

Als Weihnachtsmann und Lebkuchenmann verkleidet, fackelten zwei Personen im Jahr 2005 den Bock ab, indem sie einen brennenden Pfeil auf ihn schossen. Nicht immer wurde die Ziege mit Feuer bezwungen. Im Jahr 1976 steuerte ein Student seinen Volvo in die Beine des Bocks und brachte ihn zum Kollabieren.

Die Stadt gibt sich Mühe, die Ziege zu beschützen: mit Sicherheitspersonal, Freiwilligen und Zäunen. Zum 40. Geburtstag der Stohziege im Jahr 2006 wurde das Stroh mit Brandschutzmittel imprägniert und überstand daraufhin einen Abfackelversuch.

Schon im Jahr 1996 wurde eine Webcam zur Überwachung des Bocks aufgestellt. Im Jahr 2009 legten Hacker in den frühen Morgenstunden des 23. Dezembers die Live-Cam lahm. Kurze Zeit später stand der Bock erneut in Flammen.

Seit selbigem Jahr hat die Ziege einen eigenen Twitter/X-Account, auf dem regelmäßig Updates über den Zustand des 3-Tonnen-Konstrukts gepostet werden. In der Bio steht: „I fancy Christmas and I don't play with matches“, übersetzt: Ich liebe Weihnachten und ich spiele nicht mit Streichhölzern.

100.000 schwedische Kronen und sechs Monate Haft

Zwischen den Jahren 2017 und 2020 überlebte der Bock vier Jahre in Folge. Nie zuvor in seiner 58-jährigen Geschichte wurde er so lange nicht abgefackelt. Das letzte Mal brannte Gävlebocken im Jahr 2021. Der Täter wurde festgenommen und zu sechs Monaten Gefängnis und einer Geldstrafe von mehr als 100.000 schwedischen Kronen (etwa 9.000 Euro) verurteilt. Dieses Jahr stehen die Chancen gut, dass Gävlebocken bis nach Neujahr überlebt – wenn auch nicht in voller Pracht, sondern angefressen.

Ein Blick auf den Livestream des Gävlebocken, den die Stadt bereitstellt, zeigt den Zerfall. Schnee fällt auf die Strohkonstruktion. Auf den Hörnern, dem Rücken und der Nase des Bocks landen immer wieder schwarze Vögel, picken herum und fliegen wieder weg, während weitere zum Snacken landen.

Am Kopf und Hals ist das Stroh bereits eingefallen. Das extrem nasse Wetter, unter dem Schweden im Juli und August litt, führte dazu, dass ungewöhnlich viel Getreide auf dem Stroh zurückblieb, aus dem der Bock gebaut wurde. Deswegen fanden Dohlen Gefallen an dem gefundenen Fressen im Stadtzentrum Gävles.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.