Schumacher Quartier in Tegel: Auf dem Holzweg?

Das neue Quartier soll ein Vorzeigeprojekt werden. Noch aber hat es mit Startschwierigkeiten zu kämpfen. Eine Frage lautet: Wie teuer ist der Holzbau?

Simulation Schumacher Quartier

Das geplante Schumacher Quartier in Tegel Foto: Tegel Projekt GmbH

BERLIN taz | Nein, Bombenstimmung gibt es nicht gerade in Tegel. 15.800 Stück abgabepflichtige Kampfmittel habe man geborgen, hieß es vonseiten der Tegel Projekt GmbH vor einer Woche. Auf dem Gelände des Schumacher Quartiers werde die Kampfmittelberäumung erst 2033 abgeschlossen sein.

Ist das ein weiterer Rückschlag für den Bau von 5.000 Wohnungen auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens? Ein großes Holzbauquartier soll bis zum Kurt-Schumacher-Platz entstehen. Eigentlich war geplant, dass die erste Wohnung 2027 bezugsfertig ist.

Doch daraus wird nichts. Den Spatenstich hat Bausenator Christian Gaebler (SPD) erst vor Kurzem nach hinten verschoben. 2026 statt 2025 soll er nun stattfinden. Wann die ersten Wohnungen fertig sind, darauf will sich Tegel-Projekt-Sprecherin Sara Sperling nicht festlegen.

Eines aber kann sie mit Gewissheit sagen. „Die Kampfmittelbereinigung hat auf den Zeitplan des Schumacher Quartiers keine Auswirkungen.“ Im Westen des Areals, wo der erste Spatenstich erfolgen soll, ist das Gelände bereits beräumt.

Skepsis bei der Gesobau

Dass es mit dem Schumacher Quartier dennoch nicht richtig vorangeht, hat andere Gründe. Und das hat mit dem Holzbau zu tun. Eine „Kostenfalle“ hat der Gesobau-Vorstand Jörg Franzen schon vor einem Jahr das Bauen mit Holz genannt und gewarnt: „Nach jetzigem Stand könnte wirtschaftlich keine einzige Wohnung gebaut werden.“

Ein Jahr später haben sich die Bedingungen nicht zum Besseren gewendet. Die Baukosten sind gestiegen, der Verband Berlin Brandenburgischer Wohnungsunternehmen BBU spricht inzwischen von Kostenmieten von 17 bis 20 Euro den Quadratmeter. Im Schumacher Quartier könnte es noch ein wenig teurer werden, denn der Holzbau hat seinen Preis. Gleichzeitig soll dort die Hälfte der Wohnungen nicht mehr als 6,50 Euro kosten. Wie ist das zu schaffen?

Anfragen der taz bei den drei beteiligten Wohnungsbaugesellschaften Gesobau, Degewo und Gewobag blieben aufgrund der personellen Besetzung in der Ferienzeit am Donnerstag unbeantwortet. Nach Informationen der taz ist die Gesobau mit ihren Bedenken aber nicht allein.

In der Tegel Projekt GmbH sieht man die Diskussion um die Holzbauten allerdings gelassen. „Holzbau kann sogar kostengünstiger sein als konventionelle Bauweisen“, sagt der Holzbauexperte und Leiter des Schumacher Quartiers bei der Tegel Projekt, Simon Wimmer, der taz. „Das haben unsere Markterkundungen sowie zahlreichen Gespräche mit marktführenden Unternehmen der Bauindustrie ergeben.“

Außerdem überzeuge der Holzbau „mit seiner schnellen, präzisen und umweltfreundlichen Bauweise im Gegensatz zu konventionellen Bauweisen“, so Wimmer weiter. „Die präzise Vorfertigung ermöglicht eine schnellere Montage auf der Baustelle und eine viel kürzere Gesamtbauzeit.“ Einzelne Bauverfahren will die Tegel Projekt GmbH in einer „Future Hut“ auf dem Gelände erproben und wissenschaftlich begleiten.

Kritik von Genossenschaften

Neben Gesobau, Degewo und Gewobag sollen auch Genossenschaften am Bau des Schumacher Quartiers beteiligt werden. Das Konzeptverfahren, in dem entschieden wird, welche Genossenschaft auf den dafür bereitstehenden Baufeldern loslegen kann, soll noch in diesem Jahr starten. Voraussetzung dafür ist aber ein gültiger Bebauungsplan.

Noch ist aber unklar, wie groß der Run auf Tegel unter den Genossenschaften ist. Der Sprecher des Bündnisses Junge Genossenschaften, Andreas Barz, überraschte im Mai mit seiner Kritik, dass die Zahl der Wohnungen viel zu niedrig geplant sei. „Ich brauche keinen Architekten, um auszurechnen, dass man auf diesem Gelände eine Stadt für einhundert- bis zweihunderttausend Menschen bauen könnte“, sagte Barz dem rbb. Statt 5.000 Wohnungen stellte er die Zahl von bis zu 100.000 neuen Wohnungen in den Raum. Damit wäre aber die bisherige Bebauungsplanung passé – und das ganze Verfahren müsste wieder neu aufgesetzt werden.

Bis der Bebauungsplan für das Schumacher Quartier endgültig steht, müssen auch noch andere Fragen geklärt werden. Eine davon lautet, wie weit die Bebauung an den Tunnel heranreichen darf, mit dem die A111 das Gelände unterquert. Eine andere ist die, was passiert, wenn der Tunnel gesperrt wird, was immer wieder vorkommt. Kritiker befürchten in diesem Fall lange Staus auf der geplanten Neuen Meteorstraße, die entlang und durch das neue Quartier führt.

Keine guten Aussichten für einen Wohnungsstandort, der für sich in Anspruch nimmt, nicht nur Schwammstadt zu werden, sondern auch ein „autoarmer Kiez“ mit einem innovativen Verkehrskonzept. Immerhin ist laut Bausenator Gaeb­ler die Tramanbindung inzwischen geklärt. Die Verlängerung der U-Bahn-Linie 6 wurde gar nicht erst geplant.

Es steht also noch viel in den Sternen beim ambitionierten Holzquartier. Eines steht immerhin fest. Am Holzmangel soll der Bau des Schumacher Quartiers nicht scheitern. „Wir stehen im engen Austausch mit den Berliner Forsten und wollen das Kiefernholz für das Schumacher Quartier aus deren Beständen beziehen“, sagt Simon Wimmer. 25.000 Festmeter im Jahr könne man von den Berliner Forsten bekommen.

Wäre ein Festmeter eine Wohnung, hätte der Senat seine Zielvorgabe übererfüllt. So aber musste der Bausenator erst am Dienstag wieder einräumen, die 20.000 geplanten Wohnungen auch in diesem Jahr nicht zu schaffen. Insbesondere auf den neuen Stadtquartieren wie in Tegel ruhen die Hoffnungen von Schwarz-Rot, dass der Neubau doch noch vorangeht.

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