Rettungseinsätze nach Marokko-Erdbeben: Ein dunkler Fleck auf dem Atlas

Nach dem Erdbeben in Marokko bleiben viele Dörfer von jeder Hilfe abgeschnitten. Das Zeitfenster für Rettungsaktionen wird immer schmaler.

Menschen stehen auf den Trümmern eines Hauses

Einwohner von Tafeghaghte nahe Marrakesch stehen auf den Trümmern ihres Dorfes Foto: Masa´ab Elshamy/ap

BERLIN taz | Der Wettlauf gegen die Zeit droht im Hinterland Marrakeschs ein bitteres Ende zu nehmen. Nach dem Erdbeben in der Nacht zu Samstag und einem starken Nachbeben wenige Stunden später steigt die Zahl der Toten in Marokko. Die staatliche Nachrichtenagentur meldete am Montag 2.500 Todesopfer, ebenso viele Menschen galten als verletzt. Dabei ist das Ausmaß der Katastrophe immer noch unklar: Viele Dörfer im Atlasgebirge sind weiterhin von jeder Hilfe abgeschnitten.

„Die letzten Nächte in Marokko waren schrecklich. Hunderte Menschen schlafen auf der Straße oder liegen mit Decken in Parks, weil sie Angst haben, nach Hause zu gehen“, erklärte Hlima Razkaoui, Leiterin der Hilfsorganisation Care in Marokko. Demnach wurden unzählige Gebäude durch die Erschütterungen zerstört. Viele Gebäude sind beschädigt und könnten von den drohenden Nachbeben verwüstet werden.

Dennoch ist in der Metropole Marrakesch nach Angaben von Menschen vor Ort inzwischen teilweise wieder der Alltag eingekehrt. „Die Zerstörungen in der Stadt halten sich in Grenzen“, sagte Vivian Bahlmann, RTL-Reporterin im Erdbebengebiet, der taz. Ganz anders sähe es jedoch im Hinterland aus. „Da sind immer noch Leute unter den Trümmern, an Orten, wo man noch gar nicht hinkann.“

Nach Angaben der Organisation Care fehlt es derzeit weiterhin am Nötigsten. „Es ist jetzt wichtig, die Menschen nicht nur mit humanitärer Hilfe wie Nahrung, Wasser, Unterkünften und Hygieneartikel zu unterstützen, sondern auch psychologisch“, erklärte Sektionsleiterin Razkaoui. „Neben den enormen physischen Verwüstungen wiegt vor allem auch der emotionale Schaden, der von dem erlebten Grauen und der ausgestandenen Angst verursacht wurde, sehr schwer.“

Viele Straßen sind weiterhin unpassierbar

Das Epizentrum des Bebens der Stärke 6,8 lag in der Nähe des Orts Ighil, als am stärksten betroffen gilt die Provinz Al Haouz im marokkanischen Zentrum des Atlasgebirges. Das marokkanische Innenministerium verzeichnete am Sonntagnachmittag allein hier mehr als 1.350 Tote. Die Provinz hat eine Fläche von 5.100 Quadratkilometern, viele Orte liegen in den Bergen auf einer Höhe von 1.000 bis 2.000 Höhenmetern. Wegen der Zerstörungen sind viele der Straßen in der Region weiterhin unpassierbar.

Es ist davon auszugehen, dass überall in den Dörfern, die teilweise mehrere Autostunden von Marrakesch entfernt liegen, Menschen unter Trümmern begraben sind. Insgesamt ist von dem Erdbeben ein Fünftel der Landesfläche mehr oder weniger stark betroffen, ein Gebiet so groß wie Österreich.

Bei den Häusern im dünn besiedelten Atlasgebirge handelt es sich um traditionelle Lehmbauten. Der Bergort Amizmiz, etwa eine Stunde südlich von Marrakesch, sei von den Erschütterungen stark beschädigt worden, sagt Journalistin Bahlmann. Sie schätzt, dass in dem Ort mit ehemals 8.000 Ein­woh­ne­r*in­nen etwa 70 Prozent der Häuser zerstört seien. „Da liegt alles in Schutt und Asche, hinter zerstörten Hauswänden sind Küchen und Matratzen zu sehen.“

Derweil scheinen die Hilfen in der Region weiterhin nur schleppend anzulaufen. Trotz großer internationaler Anteilnahme verwehrt sich das marokkanische Königshaus und die Regierung des Landes ausländischer Hilfen. Gesundheitsminister Khalid Ait Taleb zeigte sich „stolz“ auf die Solidarität, die die Marokkaner und Marokkanerinnen demonstrierten. Er forderte die Bürger auf, diese Hilfsbereitschaft aufrechtzuerhalten. Die Zeitung Aujhurd’hui le Maroc sprach unter anderem von einem „Massenansturm auf die Blutspendezentren“ des Landes.

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