Parteitag Grüne Berlin: Ergebnis offen

Die Grünen wählen am Samstag einen neuen Landesvorstand. Ob sich die umstrittene Realo-Kandidatin Tanja Prinz durchsetzen kann, ist offen.

Susanne Mertens und Philmon Ghirmai, Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen in Berlin, sprechen auf der Landesdelegiertenkonferenz ihrer Partei.

Noch bilden Susanne Mertens und Philmon Ghirmai die Landesvorsitzenden der Grünen Foto: Monika Skolimowska/dpa

BERLIN taz | Ist der Grünen-Landesparteitag am Samstag schon am frühen Nachmittag vorbei statt am späten Abend? Weil die Wahl der neuen Doppelspitze mit der umstrittenen Tanja Prinz vom Realo-Flügel der Partei scheitert? Ein Pressegespräch mit dem Landesvorstand am Mittwoch verstärkte den Eindruck von großer Unruhe in der Partei.

Nur sehr zurückhaltend äußerte sich der wieder kandidierende Philmon Ghirmai vom linken Parteiflügel: Er mochte sich als Lageeinschätzung allein auf eine „ordnungsgemäße Wahl“ festlegen. Ghirmais Co-Vorsitzende Susanne Mertens konnte man zumindest so verstehen, als ob sie nicht ausschließe, anders als angekündigt doch wieder anzutreten und einzuspringen, falls Prinz bei ihrer Kandidatur durchfällt.

Hintergrund ist die doppelte Quotierung der Doppelspitze: In der Satzung ist festgeschrieben, dass mindestens einen der beiden Plätze eine Frau einnehmen muss. Inoffizieller Konsens war durchgängig seit 2011, dass beide Parteiflügel vertreten sind. Das beinhaltet: Das jeweils andere Lager wählt beim Parteitag die Kandidatin oder den Kandidaten der anderen Seite mit. Beide kandidieren auch nicht isoliert voneinander, sondern präsentieren sich – nach zahlreichen Vorgesprächen in und vor allem zwischen den Lagern – üblicherweise als neues Team, wie 2021 Ghirmai und Mertens.

Das war auch 2011 so, als die heutige Fraktionschefin Bettina Jarasch und der spätere Finanzsenator Daniel Wesener gemeinsam antraten, und das wiederholte sich 2016 mit Nina Stahr und Werner Graf. Beide Duos amtierten je fünf Jahre, bis zu zurücktraten, weil sie Parlamentsmandate angenommen hatten.

Grabenkämpfe im Realo-Lager

Anfang Oktober hatte sich Prinz mit einem Bewerbungsvideo als Realo-Kandidatin präsentiert und damit Mertens herausgefordert, die eigentlich weitermachen wollte. Bei einer Realo-internen Abstimmung am 17. Oktober setzte sich Prinz knapp durch. Zwei Tage später kündigte Mertens an, sie werde „nicht erneut als Landesvorsitzende antreten.“

Angesichts des knappen Ausgangs und der Kritik an Prinz auch innerhalb des Realo-Lagers galt es aber nicht als ausgeschlossen, dass kurzfristig noch ein dritte Frau als Kandidatin in die Wahl einsteigt. Das wäre eine Variante, wenn Prinz in vier aufeinander folgenden Wahlgängen keine Mehrheit erhält.

Zentraler Kritikpunkt an Mertens ist, dass sie den Realo-Flügel zu wenig zur Geltung gebracht, zu sehr die Linie des dominierenden Linken-Lagers akzeptiert habe. Die Realos um Prinz, vor allem eine in Mitte verankerte Gruppe namens „GR@MS“ – „Grüne Real@ Mitte“ – empfinden die Abgeordnetenhauswahl im Februar wegen des Regierungsverlusts und bloß Platz 3 hinter CDU und SPD als Niederlage.

Ihre Sicht: In München seien die Grünen auf über 30 Prozent geklettert, in Berlin aber hätten sie im Februar mit 18,4 Prozent nur wenig mehr erreicht als die 17,6 Prozent bei der Berlin-Wahl 2011. Mertens aber betonte auch noch am Mittwoch im Pressegespräch, man habe als einzige Regierungspartei das Wahlergebnis vom September 2021 ungefähr halten können.

Worst-Case Szenario noch offen

Falls am Samstag der für Frauen reservierte Platz in der Doppelspitze nicht besetzt werden kann – weil Prinz scheitert und auch keine andere eine Mehrheit bekommt -, gibt es laut Landesvorstand keine Wahl für den zweiten Platz. Ein interimsmäßig alleiniger Vorsitzender Ghirmai ist damit ausgeschlossen. Was dann passiert, wollte Ghirmai am Mittwoch nicht sagen.

Tanja Prinz sagte der taz Ende November auf die Frage, ob der linke Parteiflügel sie beim Parteitag mitwählen werde: „Davon gehe ich aus. Wir sind eine Partei.“

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