Neuordnung des Krankenhauswesens: Kabinett beschließt Klinikreform

Der Gesetzentwurf zur großen Krankenhausreform geht durchs Kabinett. Aber der Streit – vor allem mit den Bundesländern – tobt weiter.

Karl Lauterbach

Karl Lauterbach, Bundesminister für Gesundheit, am Mittwoch in der Bundespressekonferenz

BERLIN afp/taz | Das Bundeskabinett hat am Mittwoch den Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für eine umfassende Neuordnung des Krankenhauswesens beschlossen. Lauterbach erhofft sich davon den Erhalt einer flächendeckenden medizinischen Versorgung, einen Abbau von Bürokratie und eine bessere medizinische Versorgung. Er sprach von der „größten Krankenhausreform seit 20 Jahren“.

Die geplante Reform soll die Finanzierung der Kliniken durch eine Abkehr vom System der Fallpauschalen sichern – sie werden dann nicht mehr nur für einzelne Behandlungen bezahlt, sondern auch über sogenannte Vorhaltepauschalen. Zudem sollen die Kliniken künftig nur noch für Behandlungen bezahlt werden, für die sie bestimmte Qualitätskriterien erfüllen. Nach Lauterbachs Angaben soll die Großreform schrittweise über die nächsten zehn Jahre umgesetzt werden.

Mit der Krankenhausreform „zieht die Bundesregierung die Notbremse“, sagte Lauterbach. „Ohne die Strukturen der stationären Versorgung zu ändern, drohen Klinikinsolvenzen, schlechte Behandlung und weite Wege.“ Das bisherige Fallpauschalen-Modell habe Fehlanreize gesetzt, so der Minister. So hätten Krankenhäuser Eingriffe durchgeführt, die medizinisch nicht notwendig gewesen seien – allerdings finanziell nötig für die Kliniken, „weil sie sonst ihr Budget nicht zusammenbekommen“.

Mit der Umsetzung der geplanten Reform „bestimmt der medizinische Bedarf die Behandlung, nicht die Ökonomie“, sagte Lauterbach. Die geplante Spezialisierung der Krankenhäuser werde außerdem die Zahl der vermeidbaren Todesfälle verringern. Zu oft würden bislang etwa Schlaganfall-, Krebs- oder Herzinfarktpatienten in Kliniken behandelt, die dafür nicht optimal ausgestattet seien.

Sorge um Länderkompetenz

So einig sich das Kabinett bei der Krankenhausreform ist, so sehr kämpfen Ver­tre­te­r*in­nen der Gesundheitslobby und der Bundesländer dagegen an. Die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU), warf Lauterbach am Mittwoch vor, sich über berechtigte Forderungen der Bundesländer hinweggesetzt zu haben.

Dies „birgt die Gefahr einer erheblichen Verzögerung des Gesetzgebungsverfahrens, die der Bund zu verantworten hat“, erklärte von der Decken. Ende April hatten die Bundesländer eine gemeinsame Stellungnahme abgegeben, in der sie auf einer umfassenden Überarbeitung des Entwurfs sowie einer Auswirkungsanalyse bestehen. Die Länder fürchten, das Gesetz greife in ihre Kompetenz der Krankenhausplanung ein.

In der rund zweijährigen Planungsphase der Reform hatte Lauterbach zunächst darauf gesetzt, dass Bund und Länder gemeinsam das Gesetz ausarbeiten. Wegen anhaltender Differenzen legte er dem Bundeskabinett am Mittwoch aber einen Gesetzentwurf vor, der seinen Worten zufolge so gestaltet ist, dass er nicht auf Zustimmung der Länder im Bundesrat angewiesen ist.

Ausreichende Finanzierung

Allerdings könnten die Länder die Umsetzung des Gesetzes im Bundesrat durch die Anrufung des Vermittlungsausschusses verzögern. Zudem erwägen mehrere Länder Verfassungsklage gegen das Gesetz.

Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft als Vertreterin der Kliniken wiederholte ihre Kritik an der Reform – sie gefährde die Stabilität der Versorgung. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, begrüßte die geplante Spezialisierung, befürchtet aber, dass für die auf dem Land notwendigen Kliniken nicht ausreichend Geld da sei. Die Gewerkschaft Verdi forderte eine Beteiligung der Beschäftigten und ihrer Ver­tre­te­r*in­nen an der weiteren Ausgestaltung der Reform.

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